Kriminalisierung von Minderheiten

Die Kriminalisierung von Minderheiten und MigrantInnen

Klaus Jünschke und Bettina Paul

Moderne Gesellschaften sind keine ethnisch homogenen Gesellschaften. Und obwohl alle Menschen in modernen Gesellschaften vor dem Gesetz gleich sind, zeigt uns ein Blick in die Gefängnisse ein Bild von Ungleichheit: In jedem westlichen Land sind Angehörige von Minderheiten und/oder MigrantInnen sowohl als Tatverdächtige in den Kriminalstatistiken und in den Untersuchungsgefängnissen als auch als Verurteilte in den Strafanstalten überrepräsentiert. (vgl. Tonry 1997:vii) Je nach Land handelt es sich dabei um ganz verschiedene Minderheitenangehörige oder MigrantInnen. In den USA sind es Afro-Amerikaner und Latinos, die in den Gefängnissen überrepräsentiert sind, in Australien und Canada die jeweiligen Ureinwohner – Aborigines bzw. Indianer – und in einigen europäischen Ländern, wie England und Frankreich, Menschen aus früheren Kolonien. In den Niederlanden sind es Marrokaner und in Schweden auch Menschen aus arabischen Ländern. In der Bundesrepublik Deutschland sind es die Migranten türkischer und jugoslawischer Herkunft, die in der polizeilichen Kriminalstatistik und in den Gefängnissen überrepräsentiert sind.

In allen Ländern gibt es unterschiedlich viele Gruppen von Minderheiten und MigrantInnen. Im jeweiligen Land sind sie unterschiedlich auffällig. So sind z.B. in den Niederlanden die Marokkaner stärker überrepräsentiert als Türkischstämmige und in Großbritannien MigrantInnen aus der Caribik stärker kriminalisiert als Einwanderer aus Bangladesh. (vg. Tonry 1997:12).

Unterschiedlich ist auch von Land zu Land die Inhaftierungsrate: 2004 waren von 100.000 Menschen in den USA 686 in Haft – zum Vergleich: in Russland sind es 638, in Deutschland 98, aber in Dänemark, Norwegen und Finnland nur 59. (vgl. World Prison Population List 2004). Auch die Inhaftierungsrate der Minderheiten und MigrantInnen ist sehr unterschiedlich. So berichtet Loic Wacquant, dass seit 1989 die Mehrheit der Gefangenen in den USA schwarz ist. (Wacquant 2000b:4)

Am 31.3.2000 waren von den 83.083 Gefangenen in der Bundesrepublik 60.872 Strafgefangene und Sicherungsverwahrte, 18.784 Untersuchungsgefangene und 1.960 Gefangene in Abschiebungshaft. Der Rest waren Gefangene in sonstigen Haftformen und in militärischem Strafarrest. (Bundesministerium 2001:414) In Strafhaft waren 14.235 Inhaftierte ohne deutschen Pass, das entspricht einem Anteil von 23,4%. (Bammann 2002:95)

Relativ jung sind Ansätze zur Differenzierung der Menschen mit Migrationshintergrund nach ihrem Aufenthaltsstatus: „Die Thematisierung ‚Zuwanderung und Kriminalität’ stellt auf mögliche Folgen des unterschiedlich sicheren Aufenthaltsstatus für Lebensverhältnisse, Integration und Kriminalität ab anstatt auf Nationalitätenzugehörigkeit.“ (Bundesministerium 2001:307) Aber der darin zum Ausdruck kommende Konflikt globaler sozialer Ungleichheit wird gleich wieder entpolitisiert in dem die Kriminalität dieser Gruppen auf eine „starken inneren Kulturkonflikt“ (Bundesministerium 2001:306) bezogen wird. (vgl. auch Ha 1999:170)

Vorherrschend war in der Bundesrepublik jahrzehntelang aufgrund der Weigerung, die Anwesenheit von MigrantInnen als Einwanderung wahrzunehmen und zu akzeptieren, Sichtweisen, die nur zwischen Deutschen und Ausländern unterschied bzw. zwischen Deutschen und Nichtdeutschen. Die „Ausländerkriminalität“ war ein Resultat dieser dichotomen Weltsicht. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Phänomen war und ist durch zwei Hauptbetrachtungsweisen geprägt. Das ätiologische Paradigma nimmt den Straftäter ins Visier und fragt: Sind Ausländer krimineller als Deutsche? Und weshalb sind sie so oder werden sie so? Im etikettierungstheoretischen Paradigma gilt das Interesse dem Zusammenhang von wirtschaftlichen Verhältnissen, Sozialstruktur und Kriminalpolitik. Eine Fragestellungen lautet: Werden Ausländer durch das Strafrecht häufiger kriminalisiert als Deutsche? Und weshalb ist das so? (vgl. Cremer-Schäfer 1998:22)

Im Folgenden skizzieren wir, die Geschichte dieser Auseinandersetzung. Es kann dabei keine ausgewogene Übersicht über die Geschichte der Kriminologie gegeben werden. Wir wollen mit dieser Skizze nur deutlich machen, dass es nicht angehen kann, die Geschichte von Minderheiten, Migration und Kriminalität mit der Anwerbung von sogenannten „Gastarbeitern“ im Jahre 1955 beginnen zu lassen.


Kriminalisierungen bei der Entstehung moderner Gesellschaften

Ob eine bestimmte Menge von Menschen eine Gesellschaft ist, wer zu ihr gehört und wer nicht, wird in historischen Entwicklungen bestimmt, in denen bestimmte Ordnungen und Normen durchgesetzt werden. „Die Konzepte für Ordnung und Norm … … befördern das ‚Ordentliche’ in dem sie den Blick für das ‚Unordentliche’ schärfen; sie benennen, umschreiben und stigmatisieren Teile der Realität, denen das Recht zu existieren versagt wird – bestimmt für Isolation, Exil oder Auslöschung.“ (Baumann 1998:7)

Die historische Kriminalitätsforschung, hat sich in der Bundesrepublik erst Anfang der 1990er Jahre entwickelt (vgl. Schwerhoff 2000:21f.). Durch sie haben wir jetzt auch Belege für die Bedeutung der Strafverfolgungspraxis bei der Entstehung unserer modernen Gesellschaften: „Unbestritten kann die gerichtliche Verfolgung von Dieben und Räubern jedoch als die Speerspitze eines allgemeinen Kriminalisierungs- und Marginalisierungsprozesses angesehen werden, der vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende des Ancien Régime einen immer größeren und heterogeneren Kreis von Menschen erfasste. Zum einen zeigten sich hier die Auswirkungen sozioökonomischer Krisenphänomene (Bevölkerungsanstieg, Teuerung, Hungerkrisen), die am Ausgang des 16. und vor allem im 18. Jahrhundert viele Menschen sozial entwurzelten. Zum anderen wurde die soziale Ausgrenzung von den Obrigkeiten, nicht zuletzt mit den Mitteln von Kriminalpolitik und Justiz, aktiv betrieben; zur „Formierung einer frühmodernen Gesellschaft“ (van Dülmen) gehörte damit gleichsam als negatives Pendant die Ausgrenzung. Pauperisierung und obrigkeitliche Repression konnten so eine unheilvolle Dynamik in Gang setzen. Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Bettelei, letztlich sogar die fahrende Lebensweise insgesamt, das Vagantentum, unter Kriminalitätsverdacht gestellt.“ (Schwerhoff 2000:41)

Dieser Kriminalitätsverdacht und die Zuweisung einer sozialen Rolle, die ihre Möglichkeiten, den Lebensunterhalt mit legalen Aktivitäten zu verdienen, extrem eingeschränkte hatte, hat die Sinti und Roma bis heute nicht verlassen. „Als eine ethnisch unterscheidbare Gruppe wurden die umherziehenden Sinti seit ihrem Auftauchen im 15. Jahrhundert besonders argwöhnisch betrachtet, als ‚Zigeuner’ und ‚Tartaren’ diskriminiert und zunehmend mit drakonischen Strafandrohungen belegt.“ (Schwerhoff 2000:41) Historische Zeugnisse aus dem 18. Jahrhundert belegen, wie die Roma und Sinti zu Prototypen des amoralischen gemeinschaftsschädlichen Übeltäters stilisiert wurden. (Vgl. Fricke 1996)

Auch die jüdische Minderheit war längst unter dauernden Kriminalitätsverdacht geraten: „In den Auseinandersetzungen zwischen Christen und Juden dominieren eindeutig Schuldsachen sowie der immer wiederkehrende Vorwurf, man sei von dem Juden in irgendeiner Weise betrogen worden. Unnachgiebig verfolgt wurden während der ganzen Zeit auch stets sexuelle Beziehungen zwischen jüdischen Männern und christlichen Frauen, wohl vor allem darum, um in diesem exemplarischen Bereich die Trennung der beiden sozialen Gruppen konsequent aufrechtzuerhalten.“ (Wernicke 2000: 388) Juden waren aber nicht nur Objekte von Pogromen und Repression. Weitgehend unbekannt ist, welche Rolle durch die folgenden Jahrhunderte jüdische Räuberbanden spielten. (vgl. Reinicke 1983)

Was wir mit diesem kursorischen und möglicherweise etwas willkürlichen Gang durch die Geschichte der Kriminalität deutlich machen wollen, sei abschließend noch einmal betont: Bevor die Kriminologie auf der Bühne der Geschichte erschien, bevor es einen deutschen Staat gab, wurden in den vormodernen Gesellschaften schon seit Jahrhunderten Bilder von „Verbrechermenschen“ konstruiert – vor allem mit den Angehörigen von Minderheiten.  

Von der Sozialraum- zur Täterorientierung

Die erste Kriminalstatistik, die 1827 in Frankreich von Justiz-Staatssekretär Jacques Guerry de Champneuf (1802-1866) veröffentlicht wurde, war eine Gerichtsstatistik für das Jahr 1825. (Kerner 1993:295) In seinem „Essai sur la statistique morales de la France“ von 1833 überprüfte Guerry die Thesen, dass Kriminalität durch Armut und mangelnde Bildung verursacht wird. Die Bedeutung der Chancenstruktur eines Wohnorts für das Kriminalitätsaufkommen war darin erstmals thematisiert. (Albrecht, G. 1993: 226f.) Zu den frühen „Kriminalstatistikern“ zählten neben Guerry der Belgier Lambert Adolf Jacques Quetelet (1796-1874), der als der eigentliche Begründer der modernen Sozialstatistik gilt. Sein zweibändiges Werk „Physik sociale“, das 1835 erschien, wurde in Deutschland erst 1938 unter dem Titel „Über den Menschen und die Entwicklung seiner Fähigkeiten“ veröffentlicht.

Da die frühen Kriminal- und Moralstatistiker ihre Daten auf bestimmte Gebiete bezogen – Regionen, Städte, Stadtteile -, lenkten sie die Aufmerksamkeit auf den gesellschaftlichen Kontext, in dem es zu strafbaren Handlungen kommt. Diese Ansätze wurden „durch die mit Darwin verknüpfte Tradition der Kriminologie Lambrososcher Prägung mit ihrer starken Betonung der Person des Täters verdrängt.“ (Albrecht, G. 1993:227f.) Der italienische Mediziner und Anthropologe Cesare Lombroso (1836 – 1909) vertrat die Lehre vom „geborenen Verbrecher“, d.h. Verbrechen waren für ihn Resultat der physiologischen und psychologischen Eigenschaften des Täters. „Das biologische Modell verschaffte dem Staat und der Gesellschaft einen legitimatorischen Gewinn und Nutzen, der nicht hoch genug veranschlagt werden kann: die Frage der Kriminalität war damit beim Täter und seinen Parametern verortet und nicht länger bei der Gesellschaft und ihren Strukturen.“ (Dinges/Sack 2000:26)

Der Zusammenhang zwischen der historischen Entstehung von Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus und der Konstruktion des „Geborenen Verbrechers“ ist unseres Wissens noch nicht untersucht. In der Kriminalisierung von Minderheiten und MigrantInnen begegnet er uns immer wieder.  

Die Kriminalbiologie beginnt sich durchzusetzen

Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die „kriminologische Frühforschung“ (Rebmann 1998:45) sich den Minderheiten und dem auffälligen Verhalten von Ausländern im Deutschen Kaiserreich zuwandte, lebten hier erst nur wenige Ausländer. Bei der Reichsgründung im Jahr 1871 wurden 206.755 Ausländer in Deutschland (0,5% der Bevölkerung) gezählt und 1910 waren es 1.259.873 oder 1,9% der Bevölkerung. (Kubink 1993:149) „In sozialer Hinsicht waren die ausländischen Arbeitskräfte kaum in das Alltagsleben der deutschen Arbeiterschaft integriert; ihre meist kurzen Aufenthaltszeiten in Deutschland, die Konzentration auf wenige Branchen, die Sprachbarrieren und nicht zuletzt die ghettoartige Unterbringung in Massenquartieren sowie häufige Stellenwechsel bewirkten eine weitgehende Separation.“ (Kubink 1993:149) Es galt als „eine bekannte, statistisch erwiesene Tatsache, dass in jedem Land die Ausländer, d.h. die staatsfremden Personen, eine relativ stärkere kriminelle Betätigung aufweisen als die Bürger des eigenen Staates.“ (Roesner 1933:82) Aber die statistisch festgestellte Auffälligkeit von Ausländern wurde schon in der Erläuterung der Reichskriminalstatistik für 1911 mit dem Verweis auf das Überwiegen des männlichen Geschlechts und der Altersklassen mit höherer Kriminalitätsbelastung relativiert. (v. Mayr 1917)

Aus diesen beiden in Günter Kaisers Kriminologie-Lehrbuch zitierten Quellen (Kaiser 1976:238) wird allerdings nicht ersichtlich, ob sie ihre Aussagen auch auf das Verhalten von Deutschen im Ausland anwenden würden: In den Jahren 1904 – 1906 ermordeten deutsche Soldaten in Deutsch-Südwest-Afrika über 75.000 Herero und in den Jahren 1905-1908 in Deutsch-Ost-Afrika 200.000 Menschen. (Reed-Anderson 2004:46f.) Die Entstehung eines aggressiven türkischen Nationalismus und der Genozid an den Armeniern 1915, dem 1,4 Millionen Menschen zum Opfer fielen, unter dem Schutz des Bündnisses mit dem Deutschen Reich im Ersten Weltkrieg dringen erst jetzt langsam in das Weltbewusstsein.(vgl. Hosfeld 2005)

Damit soll allerdings nicht der Eindruck erweckt werden, als führe eine lineare Entwicklung von Cesare Lomobrosos „L’uomo delinquente“ (1876) zu den Zwangssterilisierungen, der Euthanasie und den Genocid an den Europäischen Juden und den Roma und Sinti. Lombroso war schon zu seiner Zeit umstritten. Auch der Kölner Kriminalpsychiater Gustav Aschaffenburg, der 1903 „Das Verbrechen und seine Bekämpfung“ schrieb, wandte sich darin gegen Lombrosos Behauptung des „geborenen Verbrechers“ den man an äußeren Merkmalen erkennen könne. “Rassenkriminalität” (Liszt 1907:5) war damals allerdings ein gebräuchlicher Begriff.

Die seit 1882 geführte Reichskriminalstatistik differenzierte die Verurteilten unter anderem auch nach der Religionszugehörigkeit. Und so wie heute noch über „Ausländerkriminalität“ gesprochen und geforscht wird, wurde damals über die „jüdische Kriminalität“ diskutiert. (vgl. Liszt 1907, Roos 1909/10, Wassermann 1907 und 1909/10) „Daß die Kriminalität der jüdischen Bevölkerung im Deutschen Reich durch eigenartige Züge von der der christlichen sich abhebt, ist eine längst bekannte und durch die Reichskriminalstatistik scharf beleuchtete Tatsache.“ (Liszt 1907:3) Quantitativ stellte sich das wenig dramatisch dar. In der Reichskriminalstatistik 1910 wurden 546.418 verurteilte Personen gezählt. Davon waren 538.591 Christen (Evangelische 308.810 und Katholischen 228.229) und nur 5.535 Juden, also ca. 1% aller Verurteilten. (Lehmann 1914:185) Franz von Liszt ging in seinen Überlegungen davon aus, dass die im allgemeinen geringere Zahl der verurteilten Juden sich durch die Faktoren Bildung und Wohlstand erklärt. So konnte er berichten, dass es von 1882 bis 1901 bei einer Vielzahl von Delikten zu keiner einzigen Verurteilung eines Juden kam, z.B. bei „ Hoch- und Landesverrat, Unzucht unter Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses, Mord, Tötung auf Verlangen, Kindestötung. Aussetzung, wegen Schlägerei, Vergiftung, Menschenraub, Entführung, usw.“ Gleichwohl ergab seine Analyse des Kriminalstatistik auch Angaben, die den Antisemitismus dieser Zeit spiegelten: „Wenn wir die durchschnittliche Kriminalität der Christen in den Jahren 1892 bis 1901 gleich 100 setzen, so beträgt die jüdische Kriminalität 1.400 bei strafbarem Eigennutz (d.h. sie ist relativ 14mal so stark wie die der Christen), 1.300 bei Wucher, 1.100 bei Vergehen gegen das geistige Eigentum, 890 bei betrügerischen Bankrott“. (Listz 1907:4)

Thomas Piehler berichtet in seiner Studie „Der unterschiedliche Umfang der registrierten Kriminalität der Arbeitsmigranten“, dass diese Bemühungen „die Kriminalität der Juden aufzuhellen“ von den Nationalsozialisten später dankbar aufgegriffen worden seien. (Piehler 1991:34) „In der Kriminologie im ‚Dritten Reich’ haben sich somit in den Anfängen der Kriminologie angelegte Gefahren eines naturwissenschaftlich geprägten Positivismus realisiert, der über seine Voraussetzungen und Folgen nicht reflektierte. Die damalige Kriminologie hat diese Gefahren nicht erkannt und es versäumt, ihnen entgegenzuwirken.“ (Dölling 1989:223)

Die Weimarer Republik und das „Dritte Reich“

Ein Teil der Gründe, warum die Nationalsozialisten erfolgreich die Unterstützung der deutschen Bevölkerung gewinnen konnten, liegt darin, dass die nationalsozialistische Gesellschaft keinen vollständigen Bruch mit der Vergangenheit bedeutete. (Johnson 2002:1023) In der Weimarer Republik gab es zwar weiterhin Wissenschaftler (Gustav Aschaffenburg, Karl Birnbaum, Hans von Hentig), die die sozio-ökonomische Verhältnisse beim Zustandekommen von Kriminalität berücksichtigten oder mit Hilfe der Psychoanalyse verdeutlichten, dass Strafe ganz kontraproduktiv sein kann. (Alexander/Staub 1929:96f.) Die Bedeutung dieser kriminalsoziologischen Ansätze wurde mehr und mehr durch kriminalbiologische zurückgedrängt.

1925 gründete der Gefängnisarzt Theodor Viernstein den Bayrischen Kriminalbiologischen Dienst. Er differenzierte Gefangene in seinen Forschungen nach „rassisch wertvoll“ und „rassisch schädlich“ und behauptete, dass die Hälfte der Gefängnisinsassen unverbesserlich seien. (Johnson 2002:1024) 1927 kam es zur Gründung der Kriminalbiologischen Gesellschaft. (Dölling 1989:196) 1937 wurde der kriminalbiologische Dienst im gesamten Reichsgebiet eingerichtet. (Dölling 1989:217)

Aber es waren nicht nur Kriminologen und Psychiater, die zu dieser Entwicklung beitrugen. Auch wenn es Ethnologen gab, die wichtige Argumente gegen den Rassismus lieferten und deutlich machten, dass „Rasse als Erklärungsfaktor für soziale Unterschiede bedeutungslos ist (vgl. Hauck 2003:47) – Ethnologen und die schon 1905 gegründete Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene lieferten mit ihren wissenschaftlichen Werken ebenfalls die moralische Rechtfertigung „den Anderen, den Fremden, unbesehen als Untermenschen zu behandeln“.(Hauck 2003:45) So z.B. im zweibändigen Standardwerk von Erwin Bauer / Eugen Fischer / Fritz Lenz: „Grundriss der menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene“, 1932 erschienen, das eine der zentralen wissenschaftlichen Legitimationsgrundlagen für die NS-Rassenpolitik wurde. (Hauck 2003:45)

Sowenig wie 1933 der Weg nach Auschwitz vorgezeichnet war (Bergmann 2002:113), sowenig ging es 1933 schon um die massenhafte Tötung von Straftätern. Hatte Viernstein in den Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft 1928 noch darauf hingewiesen, „dass die Lehre vom geborenen Verbrecher in der Hand von dogmatischen Vertretern der staatlichen Ordnung zu einer furchtbaren Waffe gegen die persönliche Freiheit der Individuen werden kann“, (Zitiert nach Dölling 1989:207) so hatte er sich zehn Jahre später genau dahin entwickelt: „In diesem gewaltigen Umbau des Denkens und Handelns zu neuen Grundlagen der Gemeinschaftsbeziehungen erhält zwangsläufig die Kriminalbiologie eine ihre gerichtshelferische Ausgangsrolle übersteigende Bedeutung, weil sie ein wissenschaftlich begründete Behandlung gerade jener abgrenzbaren Bevölkerungsschicht an die Hand gibt, die z.T. nicht allein sozial abträglich, sondern gleichzeitig auch erb- und rassenwertlich schädlich ist und insoweit einer planmäßigen Ausschaltung zugeführt werden muß.“ (Viernstein 1938, zitiert nach Dölling 1989:206f.)

Schon in Aschaffenburgs „Das Verbrechen und seine Bekämpfung“ von 1904 ging es um Zusammenhänge von Volkszugehörigkeit und Kriminalität. Im Nationalsozialismus erfolgte eine biologistische Radikalisierung dieses Ansatzes. Die Konzeption des „unverbesserlichen Kriminellen“ wurde auf ganze Gruppen von Menschen, auf ganze Völker, übertragen. Gerade in Texten über Juden und Roma und Sinti wurde das immer wieder deutlich, wie die folgenden Beispiele zeigen. Kammergerichtsrat Paterna 1936 im „Handwörterbuch der Kriminologie“: „Die Neigung der Zigeuner zur Begehung von kriminellen Handlungen ist allgemein bekannt…Der Grund für die kriminelle Veranlagung der Zigeuner ist in ihrer rassisch bedingten Wesensart zu suchen.“ (zitiert nach Dölling 1989: 210) In dem Machwerk von Johann von Leers „Das Judentum in der Rechtswissenschaft“ liest sich das über die Juden so: „die Inkarnation des Urbösen auf dieser Erde“, „Judentum ist Erbverbrechertum“. (Dölling 1989:211)

1942 wurde die Strafverfolgung gegen Polen, Juden, Russen und Zigeuner in den besetzten Ostgebieten von der Justiz an die SS übertragen. Reichsjustizminister Thierak an Martin Bormann in der Reichskanzlei Hitlers: „…beabsichtige ich, die Strafverfolgung gegen Polen, Juden, Russen und Zigeuner dem Reichsführer-SS zu überlassen. Ich gehe hierbei davon aus, dass die Justiz nur in kleinem Umfang dazu beitragen kann, Angehörige dieses Volkstums auszurotten.“ (zitiert nach Dölling 1989:220) Noch bis 1941 war die Politik der Nationalsozialisten gegen die Juden uneinheitlich gewesen: es gab Maßnahmen, um Auswanderungen zu erzwingen, die Errichtung von Arbeitslager und Ghettos, Umsiedlungs- und Mordaktionen. (Bergmann 2002:114) Am 20. Januar 1942 fand die sog. Wannsee-Konferenz statt, zu der Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes zur „Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflussgebiet in Europa“ eingeladen hatte. Im Protokoll dieser Konferenz wird die Zahl von 11 Millionen Juden genannt, die ermordet werden sollten. Über die Hälfte davon sind ermordet worden. Opfer systematischer Mordaktionen waren auch körperlich und geistig Behinderte, Sinti und Roma, Homosexuelle, „Asoziale“ und Gegner des NS-Regimes. (Bergmann 2002:116)

Fremdarbeiter- und Gastarbeiteranwerbung ohne Aufarbeitung der Vergangenheit

„Wir wissen heute in voller Übersicht, was nach 1945 geschehen ist: dem größten geschichtsbekannten Verbrechen mit Millionen und aber Millionen Opfern, die umgebracht worden sind wie Insekten, folgte auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland das größte Wiedereingliederungswerk für Täter, das es je gegeben hat. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind sie letztlich nicht nur straffrei davongekommen, sondern konnten ihre Karrieren auch unbeschadet fortsetzen. Wir haben die unglaubliche Tatsache zu verzeichnen, dass die Eliten des militärisch-industriell-bürokratischen Blocks personell bis tief hinein in die sechziger Jahre die gleichen waren wie vor 1945.“ (Giordano 2002:15)

Das galt nicht zuletzt für die Instanzen sozialer Kontrolle. Um nur ein Beispiel zu nennen: der ehemalige Kriminaldirektor im Bundeskriminalamt (BKA), Dieter Schenk, konnte in seiner Studie zur Geschichte des BKA nicht nur nachweisen, dass es von NS-Verbrechern aufgebaut worden ist. Er belegt darin auch, dass bis in die 60er Jahre die Mehrheit der leitenden Beamten eine „braune Weste“ hatte. „Sie hatten Erschießungen von jüdischen Frauen und Kindern verantwortet, waren Einsatzgruppenleiter der SS-Mörderbanden in Litauen und Russland gewesen oder in der Geheimen Feldpolizei an der Erschießung von Geiseln und angeblichen Parisanen beteiligt. Andere hatten vor 1945 mitgewirkt Homosexuelle, Zigeuner und „Asoziale“ in Konzentrationslager einzuweisen, bei Exekutionen selbst Hand angelegt oder waren Einsatzführer an der ‚Grube’.“ (Vgl. Schenk 2001)

In seinem berühmten Vortrag „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit?“ von 1959 erklärte Theodor Adorno u.a.: „Kriminologie hat in Deutschland den modernen Standard überhaupt noch nicht erreicht.“ (Adorno 1982:25) Zu dieser Zeit, 1958 – 1960, untersuchte Norbert Elias eine kleine englische Vorortgemeinde. Die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Gemeinde waren scharf getrennt in die Gruppe der alteingesessenen und die Gruppe der später zugezogenen, die von den Etablierten als Außenseiter behandelt worden sind. In der Gruppe der neu zugewanderten Bewohner wurde eine höhere Delinquenzrate registriert. En miniature konnte Elias mit seinen Kollegen ein universal-menschliches Thema studieren: „Immer wieder lässt sich beobachten, dass Mitglieder von Gruppen, die im Hinblick auf ihre Macht anderen, interdependenten Gruppen überlegen sind, von sich glauben, sie seien im Hinblick auf ihre menschlichen Qualitäten besser als die anderen.“ (Elias 1990:7) Und genau hier hat Norbert Elias die Möglichkeiten zur Lösung dieses Konfliktes geortet: „In der Tat, je mehr sich Menschen der emotionalen Gleichsetzung von hoher Macht mit hohem menschlichen Wert bewusst werden, desto größer ist die Chance einer kritischen Einschätzung und aktiven Veränderung.“ (Elias 1990:46)

Die globale Relevanz der Ergebnisse seiner Studie ist, dass unterschiedliche soziale Gruppen gerade nicht aufgrund ethnischer Herkunft, Nationalität oder religiösen Anschauungen das soziale Zusammenleben gestalten. Auch wenn es vordergründig so scheinen mag – „im wesentlichen handelt es sich immer darum, dass eine Gruppe eine anderen von Macht- und Statuschancen ausschießt.“ (Elias 1990:305) (vgl auch Sauter 2002:71) Die Bedeutung der Gruppenzugehörigkeit hat Adorno in seinem Vortrag „Erziehung nach Auschwitz“ (1966) hervorgehoben, als er erklärte, dass das Allerwichtigste gegenüber der Gefahr einer Wiederholung des Holocaust sei, „der blinden Vormacht aller Kollektive entgegenzuarbeiten, den Widerstand gegen sie dadurch zu steigern, dass man das Problem der Kollektivierung ins Licht rückt.“ (Adorno 1882:95)

Aber genau davon gab es kein Bewusstsein, als die angeworbenen Arbeiterinnen und Arbeiter ab Dezember 1955 in die Bundesrepublik kamen. Sie mögen als Guiseppe F. und Maria M. oder später als Ayse T. und Ali Z. in ihren Dörfern und Städten aufgebrochen sein – in der Bundesrepublik kamen sie als „AusländerInnen“ an. Max Frisch hat darauf hingewiesen: „Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kommen Menschen“ – aber das wurde nicht wahrgenommen. Dabei war es zu dieser Zeit gerade mal zehn Jahre her, dass mit dem Sieg über das „Dritte Reich“ auch die zehn Millionen Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter befreit worden sind, die zur Arbeit „im Reich“ gezwungen worden waren. Die wenigen überlebenden Opfer dieses Kriegsverbrechens werden erst seit 2004 für die von ihnen geleistete Arbeit minimal entschädigt.[1] Aber schon in den 1950er Jahren muss die Bezeichnung der zur Arbeit angeworbenen Menschen als „Fremdarbeiter“ – wie im Nationalsozialismus – mit einem gewissen Unwohlsein verbunden gewesen sein, denn seit 1962 werden sie in der Öffentlichkeit „Gastarbeiter“ genannt. (vgl. Bingemer u.a. 1972: 16) In der Schweiz und Österreich ist man bei „Fremdarbeiter“ geblieben.

Die Zahl der in der Bundesrepublik angeworbenen sogenannten FremdarbeiterInnen bzw. GastarbeiterInnen entwickelte sich nicht sprunghaft. Erst am 10. September 1964 kam es zu dieser bekannten Feier, bei der der Portugiese Armando Rodrigues de Sá als Millionster Gastarbeiter bei seiner Ankunft auf dem Köln-Deutzer Bahnhof ein Moped geschenkt bekam.

Gezählt wurden die Strafanzeigen gegen Ausländer von Anfang an. Die Bundesrepublik hatte die von den Nationalsozialisten 1938 eingeführte Dokumentation der Kriminalitätsentwicklung durch die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) beibehalten, obwohl sie eine reine Tatverdächtigenstatistik ist und in einem Rechtsstaat nur Gerichte feststellen dürfen, was eine kriminelle Handlung ist. So gab das BKA 1959 in der PKS bekannt, dass 1958 von 1.122.001 ermittelten Tatverdächtigen im Bundesgebiet 22.068 Nichtdeutsche waren – ca 2% aller Tatverdächtigen. (Kaiser 1976:239). In dieser Zeit lebten erst ca. 200.000 „Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik. (Kaiser 1976: 237) Aber schon wurden die ersten Studien über die „Ausländerkriminalität“ durchgeführt.

Bei diesen ersten mangelhaften Studien (vgl. Lehne in diesen Band) ging es im Wesentlichen um den Umfang und die Art der Straftaten von Nichtdeutschen nach den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistiken. Sie kamen zum Ergebnis, dass die sog. „Gastarbeiter“ durchschnittlich weniger straffällig waren, als die Deutschen, aber bei Gewalttaten wurde ein überproportionale Belastung festgestellt. (vgl. Kaiser 1976:240f., Kubink 1993: 152 ff., Piehler 1991 S.19f., Rebmann 1998:46 ff.) Kaiser berechnete 1965 für verschiedene Nationalitäten die Kriminalitätsbelastungsziffern (Delikte pro 100.000 Einwohner). Danach waren polizeilich registriert: 1,4% der Spanier, 2,2% der Italiener, 3,2% der Griechen, 3,5% der Türken, aber 4,5% der Deutschen. (vgl. Rebmann 1998:48)

In den Medien war das Echo dieser kleinen Zahlen dramatisch. In der 1972 erschienen Studie „Der Gastarbeiter in der Presse“ von Manuel Delgado wurde die Presseberichterstattung über die ausländischen ArbeitnehmerInnen von Mai 1966 bis Ende August 1969 untersucht. Fast jeder dritte Bericht, in dem „Gastarbeiter“ erwähnt worden sind, gehört zur Sparte der Kriminalitätsberichterstattung. Als es 1966/67 zur ersten wirtschaftlichen Rezension kam, las man „Ausländer raus“ in den Zeitungen. (Kubink 1993:158f.)

Ein Zitat aus dem damals noch tatsächlich linksliberalen Hamburger Wochenmagazin bietet einen Hinweis auf die Hintergründe für den gesellschaftlichen Bedarf von „Ausländerkriminalität“. Der Beitrag trägt die Überschrift „Südländer töten häufiger. Ausländerkriminalität in der Bundesrepublik“:

„Ausländer sind kriminell anfälliger als Einheimische, und die Fremden, besonders die aus dem Süden, neigen eher zu Gewalttaten. Diese festgefügte Volksmeinung findet bei den Kriminalstatistikern Unterstützung. ‚Immer’ ist die Beteiligung von Ausländern an der Straffälligkeit ‚größer gewesen, als es ihrem Bevölkerungsanteil entsprach’, ermittelte Alfred-Johannes Rangol, Rechtspflege-Referent im Statistischen Bundesamt. Aber: ‚Das war in jeder Zeitepoche so und unter jedem Regime.’“ Und: „Vor unkritischen Schlussfolgerungen warnen freilich gerade die Urheber der Statistik. Rechtspflegereferent Rangol: ‚Darin muss noch keine Diskriminierung liegen. Daß Südländer häufiger töten als Nordländer, haben schon Untersuchungen aus den Jahren 1922 bis 1926 ergeben.’“ (Der Spiegel, 18.9.1972)

Wissenschaftlich interpretiert wurde die Kriminalität der sog. „Gastarbeiter“ in den 60er Jahren hauptsächlich mit der Kulturkonflikt-These. In Übernahme der Forschungen von Thomas Sellin aus den USA (vgl. Sellin 1938) ging man davon aus, dass die Ausländer mit ihrer fremden Kultur in Konflikte mit der deutschen Kultur geraten und dadurch leichter anfällig für abweichendes Verhalten werden. (vgl. Kubink 1993: 160) Von einem Außenwertkonflikt wurde gesprochen, wenn Ausländer im Aufnahmeland weiterhin den Normen ihrer eigenen Kultur folgen, von einem Innenwertkonflikt, wenn sie sich im Aufnahmeland weder für die Normen des Heimatlandes noch für die Normen des Gastlandes entscheiden bzw. die beiden Wertvorstellung nicht sinnvoll verarbeiten können. (vgl. Piehler 1991:20f.) Letzteres findet sich heute noch z.B. im Ersten Periodischen Sicherheitsbericht, wo von einem inneren Kulturkonflikt bei ausländischen Jugendlichen die Rede ist. (Bundesministerium 2001:306).

Zur Erklärung der sog. „Ausländerkriminalität“ hat sich die Kulturkonflikt-These dadurch erledigt, dass beim näheren Hinsehen immer wieder festgestellt wurde, dass die sog. Gastarbeitergeneration eher durch besonders konformes Verhalten aufgefallen ist. Umgekehrt hätte bei einer hohen Kriminalität von Zuwanderern aus dem „Kulturkonflikt“ folgen müssen, dass die Auffälligkeit ihrer Kinder und Enkel deutlich geringer sein müsste. Tatsächlich war es gerade umgekehrt. Forschungen zum „sogenannten Kulturkonflikt“ von Georg Auernheimer haben ergeben, dass für die ausländischen Jugendlichen der Kulturkonflikt kein zentrales Problem ist. „Entfremdungserfahrungen durch das Sinnloswerden traditioneller Werte, Normen, Rituale etc. sind überhaupt nicht zu leugnen. Sie beinträchtigen allerdings die Persönlichkeitsentwicklung nur in Verbindung mit der Erfahrung der Diskriminierung seitens der Aufnahmegesellschaft und der dadurch bedingten Marginalität sowie in Verbindung mit struktureller Benachteiligung und kultureller Verarmung.“ (Auernheimer 1988:193)

Arno Pilgram fiel der reaktionäre Charakter der Kulturkonflikthese auf, weil sie „gegen das neue Ideal der sich von lokalen Bindungen von Standesnormen und Geschlechterrollen befreienden Arbeitskraft, die sich an den Erfordernissen und Chancen des Marktes orientiert“ opponiert. (Pilgram 2003:306) Vielleicht muss man den Begriff „Gastarbeiter“ nur ganz wörtlich nehmen um klarer zu sehen. Wer Menschen nur solange nutzen möchte, wie ihre Arbeitskraft benötig wird, für den dient die Vokabel Kultur nur zur „Einteilung der Menschheit in kollektive, Unüberwindliche und irreduzible Gebilde.“ (Finkielkraut 1989:92)

Die „zweite Generation“

Ende 1973 (Ölschock, Konjunkturschwäche, Anstieg der Arbeitslosigkeit) verhängte die SPD-FDP-Bundesregierung den Anwerbestopp. Damals zählte die ausländische Wohnbevölkerung knapp vier Millionen Menschen. (Beauftragte 1995:113)  Von den seit 1955 angeworbenen 14 Millionen Gastarbeitern blieben die meisten wie geplant nur einige Jahre – elf Millionen kehrten zurück. Millionen reagierten nicht auf die Rückkehrbemühungen, blieben und holten sogar ihre Familien nach. Ab 1979 stiegen die Zahlen für die ausländische Wohnbevölkerung auf über die vier Millionen, 1990 über fünf Millionen und 1992 über sechs Millionen. (Beauftragte 1995:113)

An den Hochschulen entwickelte sich Anfang der 1970er Jahre die sogenannte „Gastarbeiterforschung“ und mit dem Anwachsen der Zahl der ausländischen Schülerinnen und Schüler die theoretische und praktische „Ausländerpädagogik“. Zehn Jahre später bilanzierte Hartmut M. Griese: „Gastarbeiterprobleme sind in. Alle wissenschaftlichen Bemühen und Publikationen, sowie die ganze ‚Ausländerpädagogik’ haben jedoch m. E. nur zur Qualifikation der Wissenschaftler und Pädagogen, nicht der Ausländer, geführt.“ (Griese 1984:5) In diesen Jahren stieg die Zahl der ausländischen Jugendlichen in Untersuchungs- und Strafhaft, deshalb wurde die sogenannte „zweite Generation“ der ArbeitsmigrantInnen als Kriminalitätsrisiko entdeckt. (Pilgram 2003:306)

Dieser Begriff von der „zweiten Generation“ ist nicht unwidersprochen hingenommen worden. Uli Bielefeld kritisiert seine Ungenauigkeit, da damit die sehr unterschiedlichen Biographien und Erfahrungen der Jugendlichen nicht zum Ausdruck kommen. (Bielefeld 1988:41) Sauter weist im Rückblick auf den ethnozentristischen Charaker des Begriffs hin, da er ausschließlich für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund gebraucht wird. (Sauter 2001:289)

Uwe Dörmann, wissenschaftlicher Direktor im BKA, sah 1975 die Kinder der „GastarbeiterInnen“ ein „explosives Reservoir bilden, eine Gefahr, nicht zuletzt im Hinblick auf die Kriminalitätsentwicklung.“ (Zitiert nach Rebmann 1998:54) In den folgenden Jahren kam es zu einer Reihe von Studien (Albrecht/Pfeiffer 1979, Autorengruppe Ausländerforschung 1981, Bielefeld/Kreissl/Münster 1982, Hamburger/Seus/Wolter 1981), die sich darin einig waren, dass die Ursache der Delinquenz von Jugendlichen und Heranwachsenden mit Migrationshintergrund in „sozialen Mängellagen“ zu suchen ist. Aus den Interviews von Bielfeld, Kreissl und Münster wurde deutlich, dass latent kriminalisierbare Situationen zum Alltag ausländischer Jugendlicher in Deutschland gehören. (Bielefeld 1981:159). Hamburger, Seus und Wolter, schrieben in der Vorbemerkung ihrer Studie von ihrer Hoffnung, „dass aus dieser Studie praktische Folgerungen gezogen werden, die den Jugendlichen nützen, insbesondere, dass ihnen die Ausweisung – nicht zu Unrecht ‚soziale Hinrichtung’ bezeichnet – erspart bleibt.“ (Hamburger 1981:3) Am Ende plädieren sie für eine „völlige Entkategorisierung des Begriffs Ausländerkriminalität“: „Der formale Status Ausländer, ebenso wie die zunehmende Einführung des Begriffs Ausländer im Rahmen differenzierter Statistiken, sind nur vorgeblich von informativem Wert. Im Kern schreiben sie einen dominanten Status fest, der nicht unbedingt eine reale Grundlage haben muß.“ (Hamburger 1981: 183) Mit ihrer Forderung nach Entkategorisierung verbanden sie die Forderung nach Entkriminalisierung der Jugendlichen und Heranwachsenden. Aber die sich hier andeutende Möglichkeit zur Eröffnung einer Debatte über den Zusammenhang von Kriminalität und Staat (vgl. Sack 1999:14) realisierte sich nicht.

Arno Pilgram sieht in der „These von der sozialen Mängellage“ eine Reaktion auf die evident werdende Krise der Vollbeschäftigung und der Integration über den Arbeitsmarkt. „Auch die „Mängellagenthese“ ist wie die „Kulturkonfliktthese“ ein moralisch restaurativer Versuch, wenngleich es nun um die Bewahrung der wohlfahrtstaatlichen Modernisierung geht.“ (Pilgram 2003:306f.) In den folgenden Jahren wurden die sozialen, rechtlichen und politischen Forderungen aus den genannten Untersuchungen über die Delinquenz von Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht umgesetzt. Fritz Sack rät daher der ‚Zurichtung’ der Gruppe der jungendlichen Straftäter für Zwecke der punitiven und repressiven Transformation der Gesellschaft nachzugehen. „Und natürlich damit auch jene ausserkriminellen Faktoren blosslegen, die diesen Prozess der gesellschaftlichen inneren Aufrüstung in Gang bringen und halten.“ (Sack 1999:34)

Noch zwanzig Jahren nach den ersten gründlichen Studien über die Kriminalisierung der ausländischen Jugendlichen verweisen die Publikationen der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration auf ihre Benachteiligung in allen sozialen Bereichen. Und immer noch ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass dafür nicht die Ausländer selbst verantwortlich sind:

–         „Kriminologie auf der Ebene der Familie anzusetzen, heißt Ursache und Wirkung zu vertauschen;

–         Kriminalpolitik auf die Familie zu focussieren, bedeutet Verantwortung für gesellschaftliche Probleme aus dem öffentlichen Bereich von Politik und Staat in den Raum von Individuum und Familie zu verschieben;

–         Kriminologie und Kriminalpolitik auf der Ebene der ausländischen Familie anzusetzen, ist gleichbedeutend mit Ausländerpolitik im Gewande von Wissenschaft.“ (Sack 2000: 71)

Die Markierung von MigrantInnen als „gefährlich fremd“ muss auch in ihrer Funktion für die Abwehr von Menschen bewertet werden, die für sich einen Platz in der „Festung Europa“ suchen. Die Maßnahmen der unmittelbaren Zurückweisung an der Grenze, der Zurückschiebung und Ausweisung, des Aufgriffs illegal Aufhältiger, des Aufenthaltsverbots, der Schubhaft und der Abschiebung, die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre Rekordwerte erreichten, (Pilgram 203a:22) benötigen zu ihrer Absicherung Feindbilder. United for Intercultural action, ein von der EU finanziertes, europaweites antirassistisches Netzwerk dokumentierte bis zum Juni 2004 eine Liste von 5017 toten Flüchtlingen, die bei dem Versuch, nach Europa zu kommen, um’s Leben kamen. (vgl. http://www.unitedagainstracism.org)

Flüchtlinge und „Illegale“

In Auseinandersetzungen mit den ersten Studien zur sogenannten „Gastarbeiterkriminalität“ Anfang der 1960er Jahre wird u.a. bemängelt, dass bei der Gruppe der Nichtdeutschen auch illegal eingereiste Täter erfasst wurden, obwohl diese nicht zur Wohnbevölkerung gehörten. (Rebmann 1998:47) 1985 überschritt die Zahl der als „Illegale“ eingestuften Tatverdächtigen in der PKS 30.000. Im Jahr der Veränderung des Grundrechts auf Asyl, 1993, wurden rund 90.000 gezählt, um dann bis 1996 auf über 135.000 anzusteigen. Die Zahl der illegalen Tatverdächtigen sank in den folgenden Jahren wieder und fiel im Jahr 2003 unter 100.000. Im Durchschnitt waren in den vergangenen zehn Jahren jeder fünfte nichtdeutsche Tatverdächtige ein „Illegaler“. Die Zahl der unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen erfassten Asylbewerber stieg von 15.000 im Jahr 1984 auf über 100.000 im Jahre 1991 und erreichte mit 225.000 im Jahr 1993 den Höhepunkt. 2003 wurden weniger als 75.000 Asylbewerber unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen gezählt. (Bundeskriminalamt 2004:121)

Wenn man sich die Zusammensetzung der Gruppe der „Sonstigen“ unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen ansieht – u.a. nicht anerkannte Asylbewerber mit Duldung und Flüchtlinge – und ihre kontinuierlich steigende Zahl von etwas über 30.000 im Jahre 1984 auf an die 180.000 im Jahre 2003, dann wird deutlich, dass die Kriminalisierung von Nichtdeutschen seit Anfang der 1990er Jahre am allerwenigstens die ausländischen Schüler, Studenten, Arbeitnehmer und Gewerbetriebenden meinte, sondern vor allem die Nichtdeutschen, deren aufenthaltsrechtlicher Status prekär oder gar nicht vorhanden war. Die Zahlen aus der PKS des BKA für 2003 machen das deutlich. Danach waren von 553.750 nichtdeutschen Tatverdächtigen (= 100%) „Illegale“ 96.197 (=17,4%), Asylbewerber 73.573 (13,3 %), Sonstige 177.666 (=32,1%), Touristen/Durchreisende 40.834 (7,4%). Die nichtdeutschen Arbeitnehmer stellten dagegen nur 100.974 (=18,2%), die nichtdeutschen Schüler und Studenten nur 44.306 (= 8,0%) und die Gewerbetreibenden nur 16.854 (= 3,0 %). (Bundeskriminalamt 2004: 120)

Angesichts dieser Entwicklung sollte man meinen, es sei zutreffend, was Matthias Rebmann in seiner Arbeit über die „Ausländerkriminalität“ schreibt: „Das Interesse der kriminologischen Wissenschaft richtet sich nun zunehmend auf Asylbewerber, Touristen/Durchreisende und Illegale, da diese Gruppen im Laufe der Zeit immer mehr ausländische Tatverdächtige stellten. Insofern wurde eine Wende von der ‚Gastarbeiterkriminalität’ hin zu einer Zuwanderungskriminalität’ konstatiert.“ (Rebmann 1998:59)

Der unglaublichen Kampagne in den Medien von der angeblichen „Asylantenflut“ entspricht auf der Seite der Sozialwissenschaften im Allgemeinen und der Kriminologie im Besonderen keine auch nur annähernd angemessene Auseinandersetzung. Die Zahl der Studien über die Lebensverhältnisse von Flüchtlingen und „Illegalen“ und die Kriminalität von Flüchtlingen und „Illegalen“ ist bis heute bescheiden geblieben. Und soweit sie es gibt, sind sie von MigrationsforscherInnen und SozialwissenschaftlerInnen, (vgl. z.B. Alt 2003, Anderson 2003, Kühne 2000 ) nicht von KriminologInnen verfasst. Z.Zt. wird ein Forschungsvorhaben über „Unerwünschte Einwanderer als Opfer und ‚Bedrohung’ an EU-Außengrenzen“ am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg durchgeführt. (Albrecht / Ewald 2001)

Soweit es Auseinandersetzungen mit der Kriminalität der Asylbewerber gibt, wie in dem vielzitierten Beitrag von Monika Traulsen „Gefährlich oder gefährdet? Zur Kriminalität der Asylbewerber“, wird unmissverständlich festgestellt: „Die schweren Deliktsarten nehmen einen relativ geringen Raum unter den Delikten der Asylbewerber ein. Auf die von der Öffentlichkeit vielbeachteten Rauschgiftdelikte entfallen nur 3,8%, darunter auf illegalen Handel und Schmuggel 2,3 %.“ (Traulsen 1990:417)

Angesichts der Pogrome in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen und der Brandanschläge von Lübeck und Solingen und der vielen anderen bis heute andauernden Angriffe auf Flüchtlinge durch Neonazis und verhetzte Jugendliche ist wenigstens das Interesse am Thema Ausländer als Opfer von Kriminalität gestiegen und hat seinen Niederschlag in einer Reihe von Studien gefunden.  (vgl. Rebmann 1998:64, Bundesministerium 2001:311f.) „Wie es einen nachweislichen Zusammenhang zwischen staatlicher Strafpraxis und der Verbreitung von Selbstjustiz gibt (Steinert 1980), so ist auch ein positiver Zusammenhang zwischen rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffen und rigoroser staatlicher Zuwanderungsregulierung anzunehmen.“ (Pilgram 2003a:24)

Michael Tonry geht davon aus, dass die Angehörigen von Minderheiten und die MigrantInnen in allen westlichen Ländern auch unter den Opfern von Straftaten aus dem Bereich der Alltagskriminalität überrepräsentiert sind. (vgl. Tonry 1997:vii) Dass dies in den Medien nicht annährend so deutlich wird, hängt auch damit zusammen, dass sich das Bundeskriminalamt bis heute bei der Aufnahme der Daten von Kriminalitätsopfern weigert, auch hier die Nationalität bzw. den Aufenthaltsstatus zu registrieren. Zur Rechtfertigung wird angeführt, die polizeilichen Sachbearbeiter sollten nicht überfordert werden. (vgl Bundeskriminalamt 2003:III)

Wenn aber die Auswertung von Kriminalstatistiken schon darauf verweist, dass die Delikte, wegen denen Flüchtlinge und „Illegale“ anzeigt werden, in der Regel zum Bagatellbereich zählen, gleichzeitig aber die Nichtdeutschen als Opfer überrepräsentiert sind, sollte man ein Engagement für die Entkriminaliserung dieser Gruppen feststellen können. Tatsächlich können wir das Gegenteil wahrnehmen. Die Stichworte sind uns allen nur allzug bekannt: Organisierte Kriminalität, Drogenhandel, Menschenhandel (vgtl. LeBreton in diessem Band), Schleuserbanden (vgl. Helmut Dietrich in diesem Band) – damit werden Flüchtlinge und „Illegale“ in Zusammenhang gebracht und identifiziert.

Wir leben in einer Zeit, in der wir sehr viel über die Wirkungen sozialer Ungleichheit und sozialer Benachteiligungen wissen. In den in Mode gekommen Kriminalpräventiven Runden Tischen bleibt es in der Regel aber bei symbolischer Politik mit Projekten, die möglichst nichts kosten sollen, weil die öffentlichen Kassen leer seien. Weder die Millionäre noch die Transnationalen Unternehmen zahlen noch Steuern. Aber diese Entbindung des Unternehmertums (der wirtschaftlich Starken) von lokalen sozialen Bindungen und nationalen Kontrollen wird nicht als kriminalitätsrelevante Entwicklung problematisiert, sondern vielmehr in individuellen kriminellen Regelverletzern eine Gefährdung der freien Wirtschaft erblickt.(vgl. Pilgram 2003b:307)

Es bleibt nicht nur der Zusammenhang von Globalisierung, Staat und Kriminalität undiskutiert, wir erleben die Wiederkehr des „geborenen Verbrechers“ in der Kriminologie und der Politik. „Das bedeutet, dass man auf eine immer bessere Feinsteuerung sozialer Verhaltensweisen durch biowissenschaftliche Fortschritte setzt, gleichgültig, ob verhaltenstechnologischer, pharmakologischer oder – als Fernziel – eugenischer Art“. (Strasser 2005)

Das kann nur möglich werden, weil auch über die verschiedenen Varianten der „Ausländerkriminalität“ über Jahrzehnte ein Bild vom Kriminellen gezeichnet wurde, der „anders“ ist, als „wir normale“ Menschen.

Ausblick

Zygmunt Baumann hat in dem law-and-order-Wahn wie viele andere Soziologen ein Substitut für den ernsthaften Versuch gesehen, sich der Herausforderung einer ständig wachsenden existentiellen Unsicherheit zu stellen. (Baumann 1998:19)

Den Weg dieses neuen strafrechtlichen common sense nach Europa hat der Soziologe Loic Wacquant brillant nachgezeichnet. (Wacquant 2000) Die Entscheidung in den USA, die Armen als Gegenstück zum Sozialabbau zu kriminalisieren, hat dazu geführt, dass sich innerhalb von zwei Jahrzehnten die Zahl der Gefängnisinsassen vervielfachte. Angesichts dieser Entwicklung sieht Wacquant Europa vor einer historischen Entscheidung gestellt: „Wegschluss der Armen und polizeiliche und strafrechtliche Kontrolle der von den Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt und dem entsprechenden Abbau sozialer Schutzmaßnahmen destabilisierter Bevölkerungsschichten einerseits… offensive Wiederherstellung der sozialen Leistungsfähigkeit des Staates andererseits.“ (Wacquant 2000: 149)

Da wir in einer Weltgesellschaft leben, kann das nur bedeuten, dass diese Lösung international sein muss.

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