Texte 2021

Köln spart bei den Ärmsten

Im Februar klagten Obdachlosen-Helferinnen, dass es für dieses besonders vulnerable Gruppe immer noch keine Impftermine gibt. Erst im Juni begann das Impfen für Obdachlose in Köln.
https://www.ksta.de/…/armut-in-koeln-stadt-hat-keinen…&

Während die Inzidenzzahlen in noch nie dagewesen Höhen steigen, erfährt man aus dem Stadt-Anzeiger: „Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt allen Personen ab 18 Jahren sechs Monate nach der Zweitimpfung (bei Johnson & Johnson nach vier Wochen) eine Auffrischungsimpfung.“ https://www.ksta.de/…/corona-in-koeln-ab-wann-aerzte…

Die Obdachlosen und die Gefangenen aus der JVA Köln wurden mit Johnson&Johnson geimpft. Wie erfahren sie, die keine Leserinnen des KStA sind, dass sie bereits nach vier Wochen eine Auffrischimpfung hätten bekommen sollen?

Auffrisch-Impfungen für Obdachlose gibt es am 1. und am 8.12.2021 von 9 – 15 Uhr in der Überlebensstation „Gulliver“, Trankgasse 22, 50667 Köln.

Von der Pandemie ungerührt sieht die Winterhilfe 2021/2022 der Stadt Köln für die Obdachlosen Einsparungen vor
– kein Shuttle-Bus nach Merheim
– keine Wärmezelte
– keine dringend benötigte öffentliche Toilette mit Waschgelegenheit am Neumarkt
– und erst recht keine abschließbaren Einzelzimmer für alle

Sozialdezernent Rau: Das Angebot könne sich im Vergleich zu anderen Kommunen sehen lassen. Allerdings koste ein größeres Angebot auch mehr Geld, das bereitgestellt werden müsse.

Der Bund der Steuerzahler hat im aktuellen Schwarzbuch Kölns Millionengräber skandalisiert: Kalkberg 27 MillionenOper und Schauspiel ursprünglich 230 Millionen, inzwischen fast 1 MilliardeMiqua ursprünglich 48 Millionen, inzwischen 127 Millionen
https://www.t-online.de/…/schwarzbuch-des…

Trotz dieser Desaster sollen im kommenden Jahr die Bauarbeiten für die „Historische Mitte“ beginnen. Ursprünglich ging es dabei um 135 Millionen, jetzt schon ist die Rede von 183 Millionen
https://www.t-online.de/…/koeln-grossbauprojekt…
24.November 2021
Klaus Jünschke



Demonstration
am Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Donnerstag, 25. November 2021, 17:30 Uhr, Ottoplatz
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Tag_zur_Beseitigung_von_Gewalt_gegen_Frauen

In NRW hat die Gewalt gegen Frauen im vergangenen Jahr um 7,9% zugenommen hat. Die Polizei registrierte 32.707 Opfer. Wie viele misshandelte Frauen keine Anzeige stellten ist nicht bekannt.

Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner ermordet
https://www.ndr.de/kultur/Femizide-in-Deutschland-Wenn-Maenner-Frauen-toeten,femizid100.html

Mit der neuen Frauenbewegung beginnt in den 1970er Jahren die Thematisierung der Gewalt, die Frauen angetan wird.  Medien nehmen das auf und berichten und machen eigene Umfragen.
Das erschreckende Ausmaß der Gewalt wird bekannt.

4. – 8. März 1976
In Brüssel kommen 1.500 Teilnehmerinnen aus 33 Ländern zum Internationalen Tribunal Gewalt gegen Frauen zusammen.

01. November 1976
In Berlin eröffnet das erste Haus für geschlagene Frauen.

01. Dezember 1976
In Köln eröffnet der Verein „Frauen helfen Frauen“ das zweite deutsche Frauenhaus.
https://frauenmediaturm.de/neue-frauenbewegung/frauenhaeuser/

1987 wurde in Köln der Arbeitskreis „Gegen Gewalt an Frauen“ gegründet
https://www.stadt-koeln.de/artikel/01266/index.html

Erst ab 1997 ist Vergewaltigung in der Ehe strafbar https://www.bundestag.de/resource/blob/407124/6893b73fe226537fa85e9ccce444dc95/wd-7-307-07-pdf-data.pdf

2011 Die Istanbul-Konvention
Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ wurde 2011 erarbeitet. Dieser völkerrechtliche Vertrag trat am 1. August 2014 in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihn 2017 unterschrieben. https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_des_Europarats_zur_Verh%C3%BCtung_und_Bek%C3%A4mpfung_von_Gewalt_gegen_Frauen_und_h%C3%A4uslicher_Gewalt

2019 hat die Zentrale Informationsstelle autonomer Frauenhäuser u.a. den bedarfsgerechten Ausbau der Frauenhausplätze gefordert:
„Mit in Kraft treten der Istanbul-Konvention hat sich Deutschland verpflichtet, die darin enthaltenden Vorgaben umzusetzen. Dazu gehört die Schaffung eines Familienplatzes (mit 2,594 Betten/Plätzen) á 10.000 Einwohner*innen5 (Gesamtbevölkerung). Erforderlich sind danach rd. 21.429 Betten für Frauen und ihre Kinder in Frauenhäusern in Deutschland. Bei derzeit rund 6.800 vorhandenen Plätzen, bedeutet dies einen Mangel von 14.630 Betten/Plätzen. Die Frauenhausplätze müssen bedarfsgerecht und flächendeckend ausgebaut werden.
https://www.frauenhaus-wetterau.de/media/zif_broschuere_ik.pdf

In der Millionenstadt Köln sollte es danach mindesten 100 Familienplätze mit 250 Betten geben.

12.12.2019
Der Rat der Stadt Köln hat in seiner Sitzung am 12.12.2019 befürwortet, ein 3. Frauenhaus in Köln zu errichten. Die Zahl der Abweisungen in den bestehenden Kölner Frauenhäusern und ihre hohe Auslastung zeigen, dass weitere Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen im Rheinland dringend notwendig sind. Frauen helfen Frauen e.V. Köln und zahlreiche Mitstreiterinnen setzen sich darum seit vielen Jahren für ein 3. Kölner Frauenhaus ein.
https://www.frauenhaus-koeln.de/drittes-frauenhaus-fuer-koeln.html

20.08.2020
Die beiden Frauenhäuser in Köln mussten in den vergangenen beiden Jahren jeweils mehr als 630 Frauen, die Schutz vor häuslicher Gewalt suchten, abweisen oder an andere Städte verweisen, weil die eigenen Plätze belegt waren. Der Rat hatte deshalb im Dezember 2019 die Einrichtung eines dritten Frauenhauses beschlossen.
https://www.ksta.de/koeln/neues-konzept-koeln-bekommt-drittes-frauenhaus—adresse-soll-oeffentlich-bekannt-sein-37217402?cb=1637078843186&

14.01.2021
Das neu gebaute Frauenhaus in der Stadt soll ab Juli Frauen und Kinder aufnehmen können. Das hat der Verein, der die Kölner Häuser betreut, dem WDR gesagt.
Der Neubau bietet Platz für 16 Frauen und 18 Kinder. Sie werden in eigenen, barrierefreien Appartements untergebracht.
Weiteres Haus geplant
Der Neubau wird eines der älteren Kölner Frauenhäuser ersetzen, das marode ist und in dem nur Platz für 10 Frauen und 12 Kinder ist.
Köln soll außerdem ein drittes Frauenhaus bekommen, die Planungen dafür laufen. Weil Plätze fehlen, müssen die Kölner Frauenhäuser seit Jahren Frauen in Not abweisen oder weiterschicken.
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/frauenhaus-oeffnet-im-juli-100.html

7.03.2021
Besonders wurde kritisiert, dass seit dem Ratsbeschluss für ein drittes Frauenhaus im Dezember 2019 zwar das Konzept beschlossen wurde, aber das Liegenschaftsamt nach über einem Jahr noch kein geeignetes Grundstück finden konnte.
http://www.asf-koeln.de/drittes-frauenhaus-in-koeln-endlich-umsetzen/

Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und  Kinder
23. November 2021
Klaus Jünschke

Zeit der Ungeduld

Vor der Kommunalwahl kamen fast alle im Rat vertretenen Parteien zu unseren Kundgebungen gegen Wohnungsnot – mit Ausnahme von Grünen und CDU, die wir für ihre Verantwortung für die Wohnungsnot in den vergangenen Jahren immer wieder heftig kritisierten. Von der AfD reden wir nicht. Gestern kam nur noch die Linke. Ihr sozialpolitischer Sprecher Jörg Detjen zeigte sich solidarisch, sprach von seiner Betroffenheit über die vielen Farbanschläge auf Obdachlose und berichtete vom  Antrag seiner Partei an den Rat unbezahlte Strom- und Wasserrechnungen nicht länger zum Verlust der Wohnung werden zu lassen.

Sozialdezernent Dr. Harald Rau erschien zu unserem Erstaunen nicht wie bisher im edlen Armani-Look der Besserverdienenden, sondern in einem schicken Second-Hand-Outfit mit knallgelben Schnürsenkeln im blankpolierten schwarzen Schuhwerk. Zwar äußerlich etwas näher bei den Obdachlosen und Sozialhilfeempfängern präsentierte er sich von einem menschenwürdigen Umgang mit ihnen weiter entfernt als noch im Januar. Damals hatte der Sozialausschuss einstimmig die Einzelunterbringung aller Obdachlosen in abschließbaren Zimmern bis Ende März beschlossen. Jetzt verkündete er kaltschnäuzig, dass es für Obdachlose besser sei, in einem Vierbett-Zimmer unterzukommen, als auf der Straße zu übernachten. Damals lag die Inzidenz bei 93, diesen Monat weit über 200. Nicht alle Obdachlosen sind geimpft, und die Geimpften wurden mit Johnson & Johnson versorgt, dem Einmal-Impfstoff der die meisten Durchbrüche hat.

Rainer Kippe fragte Dr. Rau, warum er Anfang des Monats nicht bei dem Treffen mit den 14 Bürgerinitiativen im Maritim war. Statt ihm, dem zuständigen Sozialdezernenten, war dort die neue Stadtdirektorin Blome (CDU).  Sie stellte den langsam die Geduld verlierenden Geschäftsleuten einen workshop im kommenden Frühjahr in Aussicht. Von konkrete Sofortmaßnahmen, die den Obdachlosen auf der Straße hilft, kam nichts. Dr. Rau, der ein soziales Konzept für die Obdachlosenhilfe erarbeitet hat und damit bei Frau Reker und Frau Blome nicht durchkam, versicherte nichts desto trotz, dass alle Dezernate in der Wohnungsfrage dezernatsübergreifend zusammen arbeiten und Frau Blome, die Herrin der städtischen Ordnungskräfte, das alles koordiniert. 

Da trifft es sich gut, dass alle das Gespräch von Frank Deja von „Köln kann auch anders“ mit Sebastian Tautkus auf dessen kommunalpolitischen Podcast „Ohrenblut“ verfolgen können. Nachvollziehbar wird erklärt, dass es und warum es in Köln in der Politik und der Verwaltung an Kommunikations-, Streit- und Fehlerkultur mangelt und folglich eine Kultur der Verantwortung und des Möglichmachens fehlt.
https://open.spotify.com/episode/6QfBoseBZLXTOz55ZESYnL

Enttäuschend war auch die Begegnung mit Floris Rudolph, der sich Rainer Kippe als neuer wohnungspolitischer Sprecher der Grünen vorstellte. Auf den ausstehenden Neubau des 2019 vom Rat beschlossenen 3. Frauenhauses angesprochen, erzählte uns der jungen Mann wie ein alter Verwalter irgendwas von Abstimmungsproblemen mit der Landesregierung bei der Finanzierung – statt Vorschläge zu unterbreiten, wie die schutzsuchenden Frauen, die in den beiden Frauenhäusern keinen Platz finden, untergebracht werden können.

Beide Frauenhäuser mussten in den vergangenen Jahren Hunderte schutzsuchende Frauen abweisen oder auf andere Städte verweisen, weil sie keinen Platz für sie hatten.
https://www.ksta.de/…/neues-konzept-koeln-bekommt…&

Und gestern kam in den Nachrichten, dass in NRW die Gewalt gegen Frauen im vergangenen Jahr um 7,9% zugenommen hat. Die Polizei registrierte 32.707 Opfer. Wie viele misshandelte Frauen keine Anzeige stellten ist nicht bekannt.

Genauso wie der Umgang mit der Not der Obdachlosen und der misshandelten Frauen in der Kölner Politik und der Verwaltung normalisiert wurde, so wird seit Jahren hingenommen, dass es Jahr für Jahr um die 50 Drogentote von der Polizei gemeldet werden. Die Drogenhilfe ist unbeirrt davon abstinent orientiert – mit Ausnahme von Vision e.V.

Ein Lichtblick für die Drogenkranken ist die zu erwartende Legalisierung von Cannabis durch die Ampel-Koalition und die damit verbundene Absicht das sogenannte Drugchecking und andere Maßnahmen der Schadensminderung auszubauen.
https://www.spiegel.de/…/ampel-parteien-einigen-sich

Zum Abschluss der Kundgebung machte Rainer Kippe bekannt, dass wir Anfang Dezember mit Obdachlosen übernachten wollen und dazu auch Frau Reker, Frau Blome und Herrn Rau einladen. Vielleicht finden sie durch so eine Erfahrung zur Empathie für das Elend auf den Straßen, das zu sofortigen wirksamen und von den Betroffenen akzeptierten Hilfsmaßnahmen führt, die frei von Demütigungen und Entwürdigungen sind.

Dass Köln auch anders kann, hat sich in den Jahren 2015 und folgende gezeigt. Die große Zahl ankommender Flüchtlinge wurden untergebracht, Turnhallen wurden geöffnet, Container aufgebaut, neue Häuser errichtet, alle wurden mit mehr als dem Nötigsten versorgt. Es wurden Stellen für das Wohnungsmanagement geschaffen, das viele Flüchtlinge mit richtigen Wohnungen versorgte. Das Ende der Flüchtlingsunterbringung in Sammelunterkünften hat der Rat beschlossen.

Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als dasselbe für die Obdachlosen, die misshandelten Frauen und Drogenkranken.

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit

Für eine Stadt ohne Drogentote

Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder

Für eine Stadt ohne Armut

Nicht vergessen werden soll in diesem Bericht von unserer gestrigen Kundgebung, dass auch Herr Ludwig vom Wohnungsamt da war und versichert hat, dass für das OMZ, für die Obdachlosen mit Zukunft, Mitte 2022 ein geeigneteres Gebäude gesucht wird.

Es sprachen auch Bewohner der Siedlung Egonstraße direkt an Frau Reker gerichtet: In der Siedlung leben zwei behinderte Brüder in einem kleinen Zimmer – der Antrag für einen Anbau zur Erweiterung ihres Hauses ist bis heute unbearbeitet. Auch das werden wir nicht mehr hinnehmen.

19.November 2021

Klaus Jünschke