20 vertane Jahre in der Drogenhilfe

Wer ist hier verantwortlich:

In den fünf Städten Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München wurden in den Jahren 1997 bis 2016 über 7.266 Drogentote gezählt, davon 917 in Köln.

 1997 forderten Polizeipräsidenten Heroin vom Staat. Am 27.01.1997 berichtete der Spiegel in seiner Titelgeschichte, dass viele Polizeipräsidenten für die Abgabe von Heroin an die Süchtigen sind, auch Kölns damaliger Polizeipräsident Roters zählte zu den Befürwortern.  „Junkie-Jogging zu betreiben belastet viele Polizisten. „Die Gruppe der Schwerstabhängigen, teilweise psychisch labil, HIVinfiziert, von einer Ecke zur anderen zu vertreiben, ohne Lösungsmöglichkeiten, weil sie weder für Methadon-Programme noch für Langzeittherapien zu gewinnen sind, führt zu großen Gewissenskonflikten bei unseren Kollegen auf der Straße“, sagt der Kölner Polizeipräsident Roters.“  „Nachdem der Gießener Kriminologieprofessor Arthur Kreuzer hundert Junkies befragen ließ, rechnete er hoch, daß 45 Prozent der Autoaufbrüche, 37 Prozent der Wohnungseinbrüche und 20 Prozent der Raubüberfälle auf das Konto von Süchtigen gehen. In den Städten ergab sich die Faustregel, daß den Drogen ein Drittel der Eigentumskriminalität zuzurechnen ist.“  Auch Jörn Foegen, der damalige Leiter der JVA Köln, sprach sich 1997 für die Abgabe von Heroin aus: „Entscheidend ist, daß wir sagen, ein Drogenabhängiger ist krank. Dann frag ich mich, was soll der denn bei mir? Bin ich leitender Arzt oder bin ich Knastdirektor? Wenn die krank sind, dann muß ich ihnen das Medikament geben. Das ist im Moment die Droge. Ein Schweizer Versuch hat ja sogar gezeigt, daß es besser ist, gleich anständiges Heroin zu geben anstatt Methadon. Gäbe es das notwendige Suchtmittel unter ärztlicher Begleitung in anderer Form, dann hätten wir beides, den vernünftigen Umgang mit der Droge und das Infektionsproblem gelöst.“  Von 2002 bis 2008 kam es in Deutschland in sieben Städten zu einem Modellprojekt. Auch in Köln wurden an die 50 Abhängige mit Heroin behandelt:

„Im Rahmen des bundesdeutschen Modellprojekts zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger erhalten Drogenabhängige, bei denen bisherige Drogentherapien nicht erfolgreich waren oder bei denen die Methadonsubstitution nicht befriedigend verläuft, versuchsweise injizierbares Heroin als Medikament; eine Kontrollgruppe bekommt parallel die Ersatzdroge Methadon. Beide Gruppen werden regelmäßig medizinisch betreut und erhalten eine psychosoziale Begleittherapie.“

„Der Gesundheitszustand der Patienten hat sich unter der Diamorphinbehandlung außerordentlich verbessert.“  Am 28.05.2009 wird Diamorphin als Medikament zugelassen

„Mit breiter Mehrheit hat der Deutsche Bundestag heute ein Gesetz beschlossen, das die rechtlichen Voraussetzungen für die Überführung der diamorphingestützten Behandlung in die Regelversorgung schafft. Das Gesetz regelt u.a., dass Diamorphin (pharmazeutisch hergestelltes Heroin) – unter engen Voraussetzungen – als Betäubungsmittel im Rahmen der Substitutionsbehandlung von Schwerstopiatabhängigen verschreibungsfähig wird.“

Heroin im Knast Seit 2011 sieht eine Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums Baden-Württemberg vor, dass geeignete Gefangene an einer „Diamorphin-Substitution“ teilnehmen können sollen. Bis dato umgesetzt wurde die Vorschrift nicht.

 2017: Köln hat nicht einmal genug Drogenkonsumräume Bettina Janacek am 20.05.2017 im Stadt-Anzeiger in ihrem Kommentar zur Diskussion um den geplanten Drogenkonsumraum: „Ein kurzer Blick ins Land macht deutlich: Köln ist, was die Versorgung mit Drogenkonsumräumen angeht, Schlusslicht. Düsseldorf hat zehn, Wuppertal elf und Dortmund gar 18 – alles Städte mit niedrigerer Bevölkerungszahl.“ 

Wieso stellt sich überhaupt 10 Jahre nach dem erfolgreichen Heroinprojekt in Köln immer noch die Frage nach Drogenkonsumräumen?  Wer ist dafür verantwortlich, dass der dumme Kleinkrieg zwischen Polizei und Süchtigen andauert?  Portugal – eine andere Antwort João Goulão, Leiter des portugiesischen Instituts für Drogen und Drogenabhängigkeit, hat Anfang des Jahrtausends in seinem Land die Entkriminalisierung des Drogenkonsums erstritten. Was passiert, wenn in einem Land alle Drogen legalisiert werden, kann seit 17 Jahren in Portugal studiert werden.

28.11.2017

Klaus Jünschke