Vor dem 2.Weltkrieg schrieb Horkheimer „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Horkheimer
Nach dem 2. Weltkrieg war das kurz im öffentlichen Bewusstsein.
Die SPD forderte am 15. Juni 1945 im Aufruf zum Neuaufbau ihrer Partei u.a.: „Verstaatlichung der Banken, Versicherungsunternehmen und der Bodenschätze, Verstaatlichung der Bergwerke und der Energiewirtschaft. Erfassung des Großgrundbesitzes und der lebensfähigen Großindustrie und aller Kriegsgewinne für die Zwecke des Wiederaufbaus. Beseitigung des arbeitslosen Einkommens aus Grund und Boden und Miethäusern.“ (Gebhard Diemer: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Auf dem Wege zur Republik 1945-1947, Schöningh, 1979, S. 170)
17. Juli – 2. August 1945
Potsdamer Abkommen
Der antifaschistisch-demokratische Neubeginn sollte sich an den „großen D’s“ orientieren: Demokratisierung, Demilitarisierung, Demonopolisierung, Denazifizierung, Dezentralisierung.
Bei den Festlegungen der Grundsätze zur Behandlung Deutschlands wurden Kriterien für eine antifaschistische und friedliche Perspektive dieses Landes formuliert, wie z.B. Forderungen nach Auflösung hegemonialer Wirtschaftsstrukturen, Forderungen nach wirklicher demokratischer Partizipation, Entmilitarisierung u.a., die bis heute visionären Charakter besitzen.
https://dasjahr1945.de/das-potsdamer-abkommen/
Am Schluss seines Vortrags „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit“ kam Adorno 1959 darauf zurück: „Aufgearbeitet wäre die Vergangenheit erst dann, wenn die Ursachen des Vergangenen beseitigt werden. Nur weil die Ursachen fortbestehen, ward sein Bann bis heute nicht gebrochen.“
2019 veröffentlichte der Suhrkamp Verlag eine Rede, die Adorno am 6. April 1967 auf Einladung des Verbands Sozialistischer Studenten Österreichs an der Wiener Universität gehalten hat. Titel der Suhrkamp-Veröffentlichung: „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“.
Darin stellte er gleich zu Beginn fest:
„Ich habe im Jahr 1959 einen Vortrag gehalten, »Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit«, in dem ich die These entwickelt habe, daß der Rechtsradikalismus dadurch sich erklärt oder daß das Potential eines solchen Rechtsradikalismus, der damals ja eigentlich noch nicht sichtbar war, dadurch sich erklärt, daß die gesellschaftlichen Voraussetzungen des Faschismus nach wie vor fortbestehen…
…Dabei denke ich in erster Linie an die nach wie vor herrschende Konzentrationstendenz des Kapitals, die man zwar durch alle möglichen statistischen Künste aus der Welt wegrechnen kann, an der aber im Ernst kaum ein Zweifel ist. Diese Konzentrationstendenz bedeutet nach wie vor auf der anderen Seite die Möglichkeit der permanenten Deklassierung von Schichten, die ihrem subjektiven Klassenbewußtsein nach durchaus bürgerlich waren, die ihre Privilegien, ihren sozialen Status festhalten möchten und womöglich ihn verstärken. Diese Gruppen tendieren nach wie vor zu einem Haß auf den Sozialismus oder das, was sie Sozialismus nennen, das heißt, sie verschieben die Schuld an ihrer eigenen potentiellen Deklassierung nicht etwa auf die Apparatur, die das bewirkt, sondern auf diejenigen, die dem System, in dem sie einmal Status besessen haben, jedenfalls nach traditionellen Vorstellungen, kritisch gegenübergestanden haben.“
https://media.suhrkamp.de/mediadelivery/asset/301880bf10944ff6af5e0f7bd2d60207/aspekte-des-neuen-rechtsradikalismus_9783518587379_leseprobe.pdf
In der aktuellen Auseinandersetzung um den Mindestlohn, haben die Sozialverbände, bescheiden und besorgt um das Wohl des großen Ganzen wie sie sind, 14 Euro empfohlen. Die Mindestlohnkommission bleibt mit 12,41 Euro deutlich drunter. Dass auch damit die Angst vor Deklassierung nicht aufgelöst, sondern weiter verstärkt wird, kommt nirgendwo vor.