Seit 10 Jahren regieren CDU und Grüne Köln. Die Kölner Polizeiliche Kriminalstatistik 2024
registriert auf S.58 in den vergangenen 10 Jahren 676 Drogentote
2015 – 48
2016 – 46
2017 – 52
2018 – 77
2019 – 56
2020 – 54
2021 – 82
2022 – 76
2023 – 97
2024 – 88
https://koeln.polizei.nrw/sites/default/files/2025-03/pks-jahresbericht-2024_0.pdf
Studien, die sich mit den genauen Ursachen des Todes von Drogenkonsumenten befassen,
gibt es in Deutschland noch nicht. Eine Studie aus Schweden hat die Ursachen untersucht, die
dem Tod nach Stimulanzien (Kokain, Amphetamin) oder Opioiden (Heroin, Fentanyl)
zugrundliegen. Während in den Medien meist nur von Überdosierungen die Rede ist, wenn
ein toter Suchtkranker aufgefunden wird, sehen die schwedischen Forscher Suizide als
häufigste Ursache, also Not und Verzweiflung.
https://www.drugcom.de/news/hintergruende-bei-todesfaellen-durch-stimulanzien-und-
opioide/
Hinter den Statistiken zu Drogentoten stehen Menschen, die nicht auf den Drogenkonsum
reduziert werden können. In Köln wird ihnen jedes Jahr am 21. Juli bei Vision e.V. in Kalk
gedacht. 2023 kam der damalige Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert zur
Gedenkveranstaltung, die ausführlich dokumentiert ist. Er berichtete von der Ermöglichung
des Drug-Checking durch den Bundestag und die anstehende Regulierung von Cannabis. Dass
mit Vision e.V, zum ersten Mal eine Selbsthilfeorganisation von Betroffenen einen
Drogenkonsumraum betreiben wird, lobte er sehr.
https://www.youtube.com/watch?v=EMDne3cHAgg
Motto des Gedenkens 2023 war „Drogentod ist Staatsversagen“
https:// https://www.youtube.com/watch?v=lozMPV7A3pYjesnrw.de/drogentod-ist-
staatsversagen/
Auf dem Gedenktag 2023 skandalisierte Imke Niebaum von der TH Köln entschieden die
ausbleibende Beteiligung von Drogengebrauchenden in den sie betreffenden
Angelegenheiten.
https://www.youtube.com/watch?v=gRKQ84l-dfI
Wissenschaftlerinnen haben das in einem Projekt umgesetzt, das sich dem Überleben von
Suchtkranken am Kölner Neumarkt widmete. Drogengebrauchende fotografierten ihren Alltag
und haben ihre Fotos kommentiert.
https://www.uni-wuppertal.de/de/news/detail/ueberleben-im-risikoumfeld-wie-leben-
suchtkranke-am-koelner-neumarkt/
Die Kölner AIDS-Hilfe hat am 26.01.2025 die daraus entstandene Ausstellung „ÜberLeben
im Risikoumfeld“ eröffnet, in der die Drogengebrauchenden zu Wort kommen.
https://www.aidshilfe-koeln.de/mc-events/ueberleben-im-risikoumfeld-ausstellung-und-talk/
Auf der letzten Tafel der Ausstellung sind die Forderungen und Maßnahmen aufgelistet, die
dazu beitragen können, die Zahl der Drogentoten zu senken:
„Notwendige Maßnahmen
Ein flächendeckender Zugang zu sicheren Konsumbedingen, wie sie Drogenkonsumräume
bieten. Es bedarf ebenso sicherer Konsumbedingungen in Notschlafstellen – dies ist in
Deutschland bisher nicht möglich.
Tagesruhestätte für Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben und
insbesondere Crack konsumieren.
Eine niedrigschwellige Substitutionsbehandlung, auch für Menschen ohne
Krankenversicherungsschutz.
Effektive Maßnahmen um die Wohnungslosigkeit zu bekämpfen. Der Ansatz Housing First
sollte als Regelangebot in den Kommunen vorgehalten werden.
Niedrigschwelliges Drug Checking für Menschen in offenen Drogenszenen sowie der Zugang
zu Naloxon, einem Medikament, das im Drogennotfall auch durch medizinische Laien
verabreicht werden kann.
Der Mikro-Handel, d. h. das Dealen von Drogen von Konsumentin zu Konsumentin, sollte
innerhalb von Suchthilfeeinrichtungen in sicheren Bereichen toleriert werden. Hierdurch
werden die Sozialräume entlastet. Die Stadt Zürich hat damit sehr gute Erfahrungen
gesammelt.
Die Einrichtung und konzeptionelle Weiterentwicklung von Szenetreffpunkten im
öffentlichen Raum, in denen der Aufenthalt von Drogenkonsumentinnen geduldet wird. Die Entkriminalisierung von Drogenkonsumentinnen entlastet die erkrankten Menschen und
ermöglicht bessere Zugänge zu Hilfen. In Portugal sind durch die Entkriminalisierung von
Drogenkonsument*innen und den Zugang zur Suchtberatung die Zahl der Drogentodesfälle
deutlich gesunken.“
http://daniel-deimel.de/wp-content/uploads/2024/10/Broschuere_Ausstellung_Risikoumfeld_
20241029-1.pdf
Die Stadt
In Köln hat sich die Gesundheitsverwaltung 2016 mit einem ersten Suchtbericht dem Elend
der Drogenkranken gestellt. Auf den Seiten 22f. wird zu den Drogentoten mit polizeilichen
Daten unter der Überschrift „Verstorbene in Folge ihres Drogenkonsums“ berichtet.
Auf Seite 27 werden die sozialen Ursachen des Drogenkonsums angesprochen: „Die
Menschen mit Opiatabhängigkeit haben insgesamt die ungünstigsten Voraussetzungen: Bei
den Betreuungen dieses Personenkreises zeigt sich durchschnittlich das niedrigste
Bildungsniveau und mit über 70 Prozent der höchste Anteil an Arbeitslosengeld als
Hauptlebensunterhalt…Hier spiegelt sich zum Teil wider, dass insbesondere bei Menschen
mit Opiatabhängigkeit häufig ungünstige Startbedingungen durch komplexe soziale
Problemlagen bereits vor Beginn der Suchterkrankung vorliegen.“ Die politischen Ursachen,
die repressive Drogenpolitik, das Betäubungsmittelgesetz, werden nicht thematisiert.
Im Kapitel 5 „Handlungsbedarfe und Ausblick“ bekennt sich die Stadt zur Hilfe:
„Köln sollte auch bei den derzeitig auftretenden suchtbedingten Belastungen im öffentlichen
Raum den bisher eingeschlagenen Weg der Vorhaltung und Bereitstellung von Suchthilfen
verfolgen, anstatt Betroffene zu vertreiben und die Problematik zu verlagern.
− Zunächst steht vorrangig die schwierige Situation am zentralen Szenestandort um den
Neumarkt im Fokus, wobei die anderen Standorte zum Beispiel Kalk, Mülheim ,
Kölnberg/Meschenich und die Kölner „Ringe“ im Blick sind und an Lösungsmöglichkeiten
weiter gearbeitet wird. Das Konzept für ein umfassendes Drogenhilfeangebot am Neumarkt
wird zur Information und Beschlussfassung den Fachausschüssen des Rats der Stadt Köln
vorgelegt.“ (Kölner Suchtbericht 2016, S.54)
Angesichts des hohen Anteils von Wohnungslosen wird versprochen:
„Es ist ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen für Personen, die keinen Zugang zum
Wohnungsmarkt haben, zu entwickeln, um dadurch auch für Menschen mit einer
Suchterkrankung zukünftig den nötigen Wohnraumbedarf sicherzustellen.“ (Kölner
Suchtbericht 2016, S.56)
https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf53/koelner_suchtbericht_2016.pdf
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) veranlasste 2024 eine
Studie zu den Offenen Drogenszenen in Düsseldorf, Essen, Köln und Münster, die 2025
erschienen ist.
Da am 11.8.2025 im Hauptausschuss eine „Aktuelle Stunde zur Platzsituation am Neumarkt –
Aktuelle Situation und nächste Maßnahmen“ beantragt war, hat Sozial- und
Gesundheitsdezernent Dr. Rau am 07.08.2025 die „Weiterentwicklung des Kölner
Suchthilfekonzepts“ vorgelegt. Darin stützte er sich auf die Ergebnisse der MAGS-Studie.
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=1061310&type=do
„Die erheblichen Problemlagen sowohl für die betroffenen suchtkranken Menschen als auch
für Menschen und Institutionen im öffentlichen Raum dulden keine weitere Verzögerung, so
dass unverzüglich Interimslösungen gesucht werden, die eine zeitnahe Verbesserung der
Situation ermöglichen.“ Die „Sofort- und Interimslösungen“ sehen keine Soforthilfen für die
suchtkranken Menschen und die von der Drogenszene am Neumarkt belästigten Anwohner
und Geschäftsleute vor.
Die Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt am 12.08.2025 zur Sitzung des Hauptausschuss am
11.8.2025: „Die von den Parteien vorgebrachten mittel- beziehungsweise eher langfristigen
Maßnahmen helfen den Bewohnern in ihrer aktuellen Situation nicht. Zumal unsere
berechtigte Forderung nach einem kurzfristigen, parteiübergreifenden Ziel, der Reduzierung
der offenen Drogenszene, nicht thematisiert wurde.“
https://www.zukunft-neumarkt.de/2025/08/das-ende-des-sozialexperiments-
drogenkonsumraum-und-substitutionsambulanz-am-neumarkt-ist-in-die-wege-geleitet-2/
Eine entsprechende Beurteilung der Debatte im Hauptausschuss im Interesse der
Suchtkranken ist nicht bekannt geworden.
Die Dringlichkeit von Soforthilfen für die Suchtkranken hat Daniel Deimel im Gespräch mit
monitor eindrücklich geschildert: „Wir sehen hier eine so schnelle Dynamik, die
atemberaubend ist. Auch für langjährig erfahrene Menschen im Suchtbereich, dass sie ja …
einfach im Zeitraffer zusehen können, wie die Verelendung zunimmt bei diesen Menschen.”
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/crack-elend-gewalt-deutsche-drogenpolitik-
gescheitert-100.html#commentsBlock
In der von ihm mitverfassten MAGS-Studie zu den Offenen Drogenscenen ist auf Seite 94 zu
lesen:
„Der Zugang zu Wohnraum und eine finanzielle Absicherung erscheinen als wesentliche
Faktoren für andere Aspekte des sozialen Ausschlusses.
Zugang zu Wohnraum als zentrale Aufgabe realisieren: Fast zwei Drittel der in den offenen
Drogenszenen befragten Personen sind wohnungslos, über ein Drittel sogar obdachlos.
Menschen in den offenen Drogenszenen sind damit insbesondere von der steigenden
Wohnungslosigkeit in Deutschland betroffen. Umgekehrt zeigt die Befragung auch, dass
obdachlose Menschen unter den Befragten noch einmal stärker von sozialen Ausschließungen
und erhöhtem Substanzkonsum betroffen sind. Um die Problemlagen der Menschen in
offenen Drogenszenen anzugehen, muss deswegen zunächst der Wohnraum für wohnungslose
Menschen sichergestellt werden: sowohl in niederschwelligen Notunterkünften, wie sie
beispielhaft in Düsseldorf umgesetzt werden, als auch in längerfristigen Wohnheimen und am
besten in eigenen Wohnungen, wie er in Essen und Münster noch für einen größeren Teil der
Befragten besteht. Die Aufrechterhaltung bestehender Mietverträge und Überleitungen in
regulären Wohnraum, z. B. durch den Housing-First-Ansatz oder soziale Wohnmakler:innen,
sind die wichtigsten Bausteine in der Schadensreduzierung.“
https://www.mags.nrw/system/files/media/document/file/offene_drogenszenen_in_nrw_2024.
pdf
Wieso wird als Sofortmaßnahem die Unterbringung aller obdachlosen Suchtkranken in
abschließbaren Einzelzimmern nicht angegangen? Sie würde die Obdachlosen und die
Anwohner entlasten.
Coronabedingt hatte der Sozialausschuss am 14.1.2021 die Unterbringung aller Obdachlosen
in abschließbaren Einzelzimmern beschlossen, vom Rat am 4.2.2021 bekräftigt.
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=801190&type=do
Wie lange noch wollen Rat und Verwaltung der zunehmenden Verelendung auf unseren
Straßen und Plätzen zusehen?
Kai Hauprich, Projektleiter der Housing-First-Initiative des Vringstreffs e.V., hat im
Interview mit dem Straßenmagazin DRAUSSENSEITER eindrücklich darauf verwiesen, dass
wir uns daran gewöhnt haben, „dass wir den Menschen beim Sterben zuschauen, dass wir das
für normal halten. Das darf nicht sein. Ich finde, wir müssen schnellstmöglich jene versorgen,
die am dringendsten unsere Hilfe brauchen.“
https://bodoev.de/2023/02/01/wir-schauen-den-menschen-seit-jahren-beim-sterben-zu/
Wenn die obdachlosen Drogenkranken nicht wenigstens von der Straße in abschließbare
Einzelzimmer untergebracht werden, wird die Unfähigkeit der Stadt zur sozialen Lösung
dieses sozialen Konflikts zum lauter werdenden Ruf nach gewaltsamen Lösungen führen.
Die BI Zukunft Neumarkt am 14.8.2025 in ihrem Rundbrief: „Besonders wird zu beachten
sein, ob neben der bisher rein human geprägten Drogenpolitik durch die Intervention unseres
Polizeipräsidenten die Grundlagen zur Sicherstellung und Umsetzung des Gewaltmonopols
zum Schutz der Anwohner eine zunehmend dominante Rolle spielen wird.“
https://www.zukunft-neumarkt.de/category/koelnkolumne/
Wer die Leserbriefe in den Berichten unserer Medien über die Absicht von Donald Trump
liest, die Obdachlosen aus den Städten zu vertreiben, muss sich nicht wundern von der Kölner
CDU im laufenden Wahlkampf solche Töne zu hören: „CDU-Fraktion: Linksbündnis
verhindert Zerschlagung der Drogenszene am Neumarkt“.
https://www.cdu-koeln.de/cdu-fraktion-linksbuendnis-verhindert-zerschlagung-der-
drogenszene-am-neumarkt/
Die Forschergruppe zu den Offenen Drogenszenen ist auch gegen diese zunehmende law-and-
order-Stimmung eine Stimme der Vernunft:
„Ordnungspolitik und Kriminalisierung entmystifizieren
Ordnungspolitik und Kriminalisierung sind keine Lösungen der zugrundeliegenden
Problematiken in den offenen Drogenszenen. Der hohe Anteil von rund 80 % der Befragten,
die im Schnitt fast sechs Jahre in Haft verbracht haben, zeigt, dass Gefängnisaufenthalte an
der Suchterkrankung nichts verändern vermögen. Über die Hälfte der von uns Befragten gibt
außerdem an, im letzten Monat durchschnittlich fast sechsmal kontrolliert worden zu sein.
Dieses Vorgehen behebt nicht die zugrundeliegenden Probleme und ist deswegen weder
nachhaltig noch zielführend. Im Gegenteil: Repressive Maßnahmen führen zu einer
Verlagerung von Szenetreffpunkten, verschlechtern die Zugänge zum Suchthilfesystem und
ziehen mehr Stigmatisierung und Ausgrenzung nach sich. Es bedarf sicherer,
risikominimierter und angstfreier Räume und Orte für Drogenkonsument:innen und
Anwohner:innen. Beide Interessensgruppen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“
(S.96)
https://www.mags.nrw/system/files/media/document/file/offene_drogenszenen_in_nrw_2024.
pdf
Monitor hat am 14. 8.2025 gezeigt, wie dumm der Kleinkrieg zwischen Polizei und
Drogenkranken und Obdachlosen ist. Der Polizeipräsident, nennt das, was die
„Superstreifen“ (Express) aus KVB, Ordnungsamt und Polizei anrichten
„Reparaturbetrieb“. Was bitte „repariert“ die Polizei, wenn sie Süchtigen ihren Stoff
abnimmt, Platzverwiese erteilt und Strafanzeigen stellt?
https://www.youtube.com/watch?v=gIAOn9INbL4
Köln, 19. August 2025
Klaus Jünschke