Regelmäßig werden die Leserinnen der Tageszeitungen mit polizeilichen Erfolgsmeldungen im Kampf gegen Drogendealer beglückt. Heute trägt der Polizeibericht im Kölner Stadt-Anzeiger die Überschrift „Zivilfahnder stellen mutmaßlichen Drogendealer“.
Kölns Polizeipräsident Johannes Hermanns bekennt sich zum Zürcher Drogenhilfekonzept, das in den Hilfszentren den Kleinhandel mit illegalen Drogen duldet.
https://www.stadt-zuerich.ch/de/politik-und-verwaltung/politik-und-recht/strategie-politikfelder/drogenpolitik-suchtpolitik.html
Warum weist er seine Beamten auf der Straße nicht an zurückhaltend zu sein und den Kleinhandeln zu dulden? Ist die seit Jahren gestiegene Zahl der Drogentoten noch nicht hoch genug um einen humanitären Notstand zu erkennen?
https://www.aidshilfe-koeln.de/kunstinstallation-am-cafe-bach-macht-auf-drogentote-aufmerksam/
In Köln war das Fahren ohne Ticket für diejenigen, die erwischt wurden, oft ein Ticktet in den Knast. Bis Rat und KVB sich dazu durchgerungen haben, auf Strafanzeigen zu verzichten. Die Ampel hatte vor die Straftat „Beförderungserschleichung“ zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw25-pa-recht-fahrschein-952266
Bei der Lektüre von Emmanuel Todd: Der Westen im Niedergang, las ich auf Seite 178: „Am 18. Mai 2022 berichtete beispielsweise der Guardian, dass die Polizei angewiesen worden sei, Personen (alte Damen?) mit Bedacht zu behandeln (entkommen zu lassen), die beim Stehlen im Supermarkt erwischt worden sind, weil sie Hunger hatten. Man erkennt hier zumindest die traditionelle Humanität Englands wieder..“
Da der Polizeipräsident weiß, dass die Sucht für die Abhängigen nicht zur Disposition steht, sollte er endlich daraus Konsequenzen ziehen und den dummen Kleinkrieg gegen die Süchtigen und ihre Kleindealer beenden. Den Süchtigen ihren gerade erworbenen Stoff abzunehmen ist verachtenswert. Die süchtigen Kleindealer ständig in den Knast zu schicken ist dumm.
Die Medien sollten sich weigern, die täglichen Polizeinachrichten unkommentiert und unkritisch abzudrucken. Es sollte doch zu denken geben, dass die ständigen polizeilichen Erfolgsmeldungen von verhafteten Dealern nichts gebracht haben. Das wurde schon vor über 30 Jahren öffentlich diskutiert, z.B. im SPIEGEL am 17. Oktober 1992:
„Fahnder und Ankläger in vielen Bundesländern zweifeln laut am Nutzen ihrer Arbeit. ‚Die Kollegen erleben doch täglich, daß aller Einsatz und alle Erfolge nicht weiterführen‘, sagt der Dortmunder Polizeipräsident Wolfgang Schulz, 55. Der Beamte fordert die Freigabe ‚nicht nur von Hasch, sondern aller harten Drogen, einschließlich Heroin‘.“
Entsprechend groß waren die Hoffnungen: „Die deutsche Drogenpolitik steht vor der Wende. Staatsanwälte und Polizeichefs halten die Jagd auf Dealer mittlerweile für aussichtslos. Um der Rauschgiftmafia das Geschäft zu verderben und das Fixer-Elend zu lindern, gibt es nach Ansicht von SPD-Politikern und Drogenexperten nur noch ein Rezept: Heroin vom Staat.“ https://www.spiegel.de/politik/das-boese-aus-der-buechse-a-4b71a3f8-0002-0001-0000-000013689817?context=issue
Es hat dann bis 2008 gedauert, als der Bundestag endlich Heroin als Medikament zugelassen hat.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/bundestag-diamorphin-auf-rezept-2f9f138f-9b61-423a-8400-a64b0ec53de4
Aber diese Entkriminalisierung erfolgte so restriktiv, dass in Köln nur rund 50 Süchtige mit Diamorphin in der Ambulanz hinter dem Gesundheitsamt behandelt werden, während Hunderte Süchtige vor dem Gesundheitsamt weiter mit dem verunreinigten Straßenheroin und der Polizei leben müssen.
Da die Taliban den Mohnanbau in Afghanistan verboten haben und Kokain immer billiger angeboten wird, ist Heroin inzwischen von Crack abgelöst worden.
Eine zügige Legalisierung von Kokain zur Behandlung der Crack-Abhängigen ist nicht in Sicht. Angesichts der gestiegenen Zahlen der Drogentoten kann darauf auch nicht gewartet werden.
Da heute im Stadt-Anzeiger berichtet wird, dass die CDU die teilweise Legalisierung des Cannabiskonsums weiter einschränken will, kann nicht auf den Gesetzgeber gehofft werden.
1. Oktober 2025
Klaus Jünschke