In der Maternus-Seniorenwohnanlage in Köln-Rodenkirchen herrscht wegen der Corona-Krise derzeit der Ausnahmezustand. Zwei Bewohner, die an Covid-19 erkrankt waren, sind verstorben, wie der Leiter des Gesundheitsamtes, Johannes Nießen, am Montagabend bestätigte. Bereits am Freitag hatte der Träger der Einrichtung, das Berliner Unternehmen Cura, erklärt, fünf Mitarbeiter und mehrere Bewohner seien positiv auf das Virus getestet worden.
Das Betreten des Heims wurde verboten, aber die Heimleitung lässt zu, dass die Bewohner das Haus zum Einkaufen verlassen. Cura verwies auf die geltende Rechtslage. Man habe nicht die Befugnis, ein Ausgangsverbot zu verhängen.
Das Rodenkirchener Heim ist kein Einzelfall. Das Gesundheitsamt verzeichnete am Freitag 51 bestätigte Corona-Fälle in Seniorenheimen und Behinderteneinrichtungen, drei Bewohner waren verstorben. Mit den beiden Fällen aus Rodenkirchen hat sich ihre Zahl nun auf fünf erhöht. Allein in einer Einrichtung für Behinderte erkrankten 14 Bewohner und drei Mitarbeiter.
https://www.ksta.de/koeln/leiter–bewohner–mitarbeiter-gleich-mehrere-corona-faelle-in-koelner-seniorenanlage–36488990
Zwölf Tote in Wolfsburger Hans-Lilje-Heim (Aktueller Stand: 17 Tote)
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Corona-in-Wolfsburger-Pflegeheim-Zwoelf-Tote,coronavirus962.html
Zwölf Tote in Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus (aktueller Stand: 15 Tote)
https://www.merkur.de/bayern/coronavirus-pflegeheim-wuerzburg-seniorenheim-bayern-tot-konsequenzen-evakuierung-zr-13612953.html
Mike Davis über die Situation in den USA:
„Wie tödlich das privatisierte Gesundheitssystem ist, zeigt insbesondere die gewinnorientierte Pflegeheimindustrie, die 2,5 Millionen ältere US-Bürger versorgt. Niedrige Löhne, zu wenig Personal und illegale Kostensenkungen sind typisch für diese Branche. Das hat auch ohne Corona Folgen. Zehntausende sterben jedes Jahr, weil die Pflegeheime grundlegende Infektionskontrollen vernachlässigen – ein Umstand, den man als vorsätzlichen Totschlag bezeichnen muss. Insbesondere in den Südstaaten zahlen viele Pflegeeinrichtungen lieber Strafen, als die Hygienevorschriften einzuhalten oder ausreichend Pflegepersonal einzustellen.
Es ist keine Überraschung, dass die Pandemie in den USA in einem Pflegeheim ausbrach…
Laut Straub ist es auch nicht erstaunlich, dass sich das Virus so rasch vom Life Care Center in Kirkwood auf zehn nahe gelegene Pflegeheime verbreitete: Die Pflegekräfte arbeiten in der Regel in mehreren Heimen – gezwungenermaßen, denn in Seattle sind die Mieten extrem hoch.“ https://taz.de/US-Gesundheitssystem-und-Corona/!5669242&s=Mike+Davis/
In Deutschland nennen sich die gewinnorientierte Pflegeeinrichtungen „soziale Dienste“:
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V.
Mit rund 5.600 Pflegediensten, die ca. 255.000 Patienten betreuen, und 5.400 stationären Pflegeeinrichtungen mit etwa 330.000 Plätzen vertritt der bpa mehr als jede dritte Pflegeeinrichtung bundesweit.
Die Mehrzahl der Mitglieder sind typische mittelständische Unternehmen, ob als Pflegedienst mit 12 Mitarbeitern oder als Pflegeheim mit 70 Plätzen. Insgesamt tragen die Mitglieder des bpa die Verantwortung für rund 335.000 Arbeitsplätze und ca. 25.000 Ausbildungsplätze. https://www.bpa.de/Mitglieder.221.0.html
Kritik kommt auch von der Stiftung Patientenschutz (https://www.stiftung-patientenschutz.de/):
„Die zehn Toten von Würzburg werfen ein grelles Schlaglicht auf die dramatische Lage im Pflegebereich“, sagte der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch, der SZ. Etwa 3,6 Millionen Pflegebedürftige würden in Heimen und zu Hause versorgt. Sie seien dem Coronavirus ausgeliefert, aufgrund ihres Alters und ihrer zahlreichen Vorerkrankungen. „Bund und Ländern ist das bekannt. Sie legen teure Hilfsprogramme auf, aber die Altenpflege bleibt außen vor“, so Brysch. Dass Arbeitsmittel wie Schutzmasken und Schutzkleidung fehlten, dürfe so nicht weitergehen. „Was hier schiefläuft, kann die Intensivstation kaum retten.“
https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-pflege-altenheime-atemschutzmasken-1.4858231-2
Schon lange vor Corona bekannt: Arme sterben früher https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/neue-studie-warum-sterben-arme-frueher-11895767.html
31.3.2020
Klaus Jünschke