Die Kölnische Rundschau will heute ihren Leserinnen weiß machen, wo die hochverschuldeten Städte und Gemeinden „ihre Probleme sehen“.
Im Kapitel „Darbende Kommunen, spendable Unternehmen“ ihres Buchs „Freiwillig zu Diensten“ kommt Claudia Pinl auf die Ursachen der Finanznot der Kommunen zu sprechen:
„Mit der Abschaffung der Vermögenssteuer im Jahr 1997, aus der sie Anteile erhielten und der Gewerbekapitalsteuer 1998 verloren die deutschen Kommunen verlässliche Einnahmequellen.
..desto wichtiger wurde das Sponsoring durch die Privatwirtschaft. Die Unternehmen gaben zurück, was sie an Steuern eingespart hatten, wenn auch nur in Bruchteilen.“
(Claudia Pinl: Freiwillig zu Diensten? Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit. Frankfurt am Main 2013, Nomen Verlag, S.85)
In der Studie „Das Elend der Welt“ hat Pierre Bourdieu 1993 öffenlich verdeutlicht wie es sich auswirkt, wenn der Staat abdankt, indem er die Reichen immer weniger zur Kasse bittet.
Im Kapitel „Abdankung des Staates“ geht es u.a. um jene Beamten und Angestellten in relativ untergeordneten Positionen innerhalb des Staatsapparates, deren Aufgabe darin besteht, die sogenannten „sozialen“ Funktionen zu erfüllen, also die unmittelbaren Auswirkungen der Marktlogik zu kompensieren – ohne freilich über die dazu notwendigen Mittel zu verfügen. Die interviewten Polizisten, SozialarbeiterInnen und Richter äußern in den Gesprächen immer wieder das Gefühl, in ihrem beruflichen Engagement gegen das materielle und moralische Elend im Stich gelassen zu werden. Oder genauer: Sie sehen sich unterschiedlichen Anforderungs- und Repräsentationssystemen gegenüber und finden sich mit den Widersprüchlichkeiten eines Staates konfrontiert, „dessen rechte Hand nicht mehr weiß oder, gar noch schlimmer, nicht mehr [wissen] will, was die linke in Form immer schmerzhafterer double-binds tut“ (S. 210).
http://www.thomaslemkeweb.de/pub…/rezensionen/Bourdieu.pdf
27. Oktober 2025
Klaus Jünschke