Hilfloser Antifaschismus

Am 27.1.2024, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, konnte ich in der Antoniterkirche an die zuletzt anerkannten Opfer der Nazis erinnern, an die sogenannten „Asozialen“ und „Berufsverbrecher“, die in den Konzentrationslagern schwarze bzw. grüne Winkel trugen.
Hier ist meine Rede dokumentiert:
https://www.rundertischkoeln.de/gedenken-fuer-die-opfer-des-nationalsozialismus/

In der kommenden Woche wird am 9. Oktober 2025 im Kölner NS-Dok-Zentrum die Ausstellung „Die Verleugneten“ eröffnet, die an diese Opfer der Nazis erinnert, und dazu beitragen soll, die bis heute andauernde Stigmatisierung aufzulösen.

In der Ankündigung heißt es:
Im Februar 2020 entschied der Deutsche Bundestag: „Niemand saß zu Recht in einem Konzentrationslager, auch die als ‚Asoziale’ und ‚Berufsverbrecher’ Verfolgten waren Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft”. Im Zuge dieses Beschlusses beauftragte das Parlament die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg mit der Erstellung einer Ausstellung. Sie stellt eines der wichtigsten erinnerungspolitischen Vorhaben des Jahrzehnts in der Bundesrepublik dar.
https://museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum/Die-Verleugneten

Die Ausstellung ging 2024 in Berlin an den Start und war den Sommer über in der Gedenkstätte Flossenbürg zu sehen.

Wenn es der Ampelregierung ernsthaft darum gegangen wäre, mit einer Ausstellung dazu beizutragen, dass die in der Gesellschaft vorhandenen menschenfeindlichen Einstellungen gegen sog. „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ überwunden werden, hätte sie die Ausstellung wenigstens in 10 oder 20 Städten gleichzeitig eröffnen müssen. Das ist nicht geschehen, obwohl die Auseinandersetzung mit der Deklassierung von Menschen und den Ängsten vor Deklassierung zu einer Antwort auf die Frage nach den Erfolgen der AfD hätte führen können. Statt sich mit den von ihnen selbst mitzuverantwortenden Ursachen für den Erfolg der AfD auseinanderzusetzen wird von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU ein AfD-Verbot thematisiert.

Die Behauptung des Kölner NS-Dok-Zentrum, die Ausstellung stelle „eines der wichtigsten erinnerungspolitischen Vorhaben des Jahrzehnts in der Bundesrepublik dar“ ist hilfloser Antifaschismus.

In seiner Rede „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“ hat Adorno zu Beginn erklärt, dass „die gesellschaftlichen Voraussetzungen des Faschismus nach wie vor fortbestehen…  …Dabei denke ich in erster Linie an die nach wie vor herrschende Konzentrationstendenz des Kapitals…  …Diese Konzentrationstendenz bedeutet nach wie vor auf der anderen Seite die Möglichkeit der permanenten Deklassierung von Schichen, die ihrem subjektiven Klassenbewusstsein nach durchaus bürgerlich waren, die ihre Privilegien, ihren sozialen Status festhalten möchten und womöglich ihn verstärken.“ (S. 9f.) https://res.cloudinary.com/suhrkamp/image/upload/v1742128985/60958.pdf

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ Max Horkheimer 1939) https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Horkheimer

3. Oktober 2025
Klaus Jünschke

Die Polizei kann die Drogenproblematik nicht lösen

Regelmäßig werden die Leserinnen der Tageszeitungen mit polizeilichen Erfolgsmeldungen im Kampf gegen Drogendealer beglückt. Heute trägt der Polizeibericht im Kölner Stadt-Anzeiger die Überschrift „Zivilfahnder stellen mutmaßlichen Drogendealer“.

Kölns Polizeipräsident Johannes Hermanns bekennt sich zum Zürcher Drogenhilfekonzept, das in den Hilfszentren den Kleinhandel mit illegalen Drogen duldet.
https://www.stadt-zuerich.ch/de/politik-und-verwaltung/politik-und-recht/strategie-politikfelder/drogenpolitik-suchtpolitik.html

Warum weist er seine Beamten auf der Straße nicht an zurückhaltend zu sein und den Kleinhandeln zu dulden? Ist die seit Jahren gestiegene Zahl der Drogentoten noch nicht hoch genug um einen humanitären Notstand zu erkennen?
https://www.aidshilfe-koeln.de/kunstinstallation-am-cafe-bach-macht-auf-drogentote-aufmerksam/

In Köln war das Fahren ohne Ticket für diejenigen, die erwischt wurden, oft ein Ticktet in den Knast. Bis Rat und KVB sich dazu durchgerungen haben, auf Strafanzeigen zu verzichten. Die Ampel hatte vor die Straftat „Beförderungserschleichung“ zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen.
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw25-pa-recht-fahrschein-952266

Bei der Lektüre von Emmanuel Todd: Der Westen im Niedergang, las ich auf Seite 178: „Am 18. Mai 2022 berichtete beispielsweise der Guardian, dass die Polizei angewiesen worden sei, Personen (alte Damen?) mit Bedacht zu behandeln (entkommen zu lassen), die beim Stehlen im Supermarkt erwischt worden sind, weil sie Hunger hatten. Man erkennt hier zumindest die traditionelle Humanität Englands wieder..“

Da der Polizeipräsident weiß, dass die Sucht für die Abhängigen nicht zur Disposition steht, sollte er endlich daraus Konsequenzen ziehen und den dummen Kleinkrieg gegen die Süchtigen und ihre Kleindealer beenden. Den Süchtigen ihren gerade erworbenen Stoff abzunehmen ist verachtenswert. Die süchtigen Kleindealer ständig in den Knast zu schicken ist dumm.

Die Medien sollten sich weigern, die täglichen Polizeinachrichten unkommentiert und unkritisch abzudrucken. Es sollte doch zu denken geben, dass die ständigen polizeilichen Erfolgsmeldungen von verhafteten Dealern nichts gebracht haben. Das wurde schon vor über 30 Jahren öffentlich diskutiert, z.B. im SPIEGEL am 17. Oktober 1992:

„Fahnder und Ankläger in vielen Bundesländern zweifeln laut am Nutzen ihrer Arbeit. ‚Die Kollegen erleben doch täglich, daß aller Einsatz und alle Erfolge nicht weiterführen‘, sagt der Dortmunder Polizeipräsident Wolfgang Schulz, 55. Der Beamte fordert die Freigabe ‚nicht nur von Hasch, sondern aller harten Drogen, einschließlich Heroin‘.“

Entsprechend groß waren die Hoffnungen: „Die deutsche Drogenpolitik steht vor der Wende. Staatsanwälte und Polizeichefs halten die Jagd auf Dealer mittlerweile für aussichtslos. Um der Rauschgiftmafia das Geschäft zu verderben und das Fixer-Elend zu lindern, gibt es nach Ansicht von SPD-Politikern und Drogenexperten nur noch ein Rezept: Heroin vom Staat.“ https://www.spiegel.de/politik/das-boese-aus-der-buechse-a-4b71a3f8-0002-0001-0000-000013689817?context=issue

Es hat dann bis 2008 gedauert, als der Bundestag endlich Heroin als Medikament zugelassen hat.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/bundestag-diamorphin-auf-rezept-2f9f138f-9b61-423a-8400-a64b0ec53de4

Aber diese Entkriminalisierung erfolgte so restriktiv, dass in Köln nur rund 50 Süchtige mit Diamorphin in der Ambulanz hinter dem Gesundheitsamt behandelt werden, während Hunderte Süchtige vor dem Gesundheitsamt weiter mit dem verunreinigten Straßenheroin und der Polizei leben müssen.

Da die Taliban den Mohnanbau in Afghanistan verboten haben und Kokain immer billiger angeboten wird, ist Heroin inzwischen von Crack abgelöst worden.

Eine zügige Legalisierung von Kokain zur Behandlung der Crack-Abhängigen ist nicht in Sicht. Angesichts der gestiegenen Zahlen der Drogentoten kann darauf auch nicht gewartet werden.

Da heute im Stadt-Anzeiger berichtet wird, dass die CDU die teilweise Legalisierung des Cannabiskonsums weiter einschränken will, kann nicht auf den Gesetzgeber gehofft werden.

1. Oktober 2025
Klaus Jünschke

Weggesperrt – Gefangen & Wohnungslos

Buchvorstellung mit Klaus Jünschke
Haus der Demokratie und Menschenrechte, Robert-Havemann-Saal, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin | Sonntag, 28.9.2025 um 17 Uhr

Klaus Jünschke besuchte über mehrere Monate die Justizvollzugsanstalten Köln, Siegburg und Rheinbach und sprach dort mit Häftlingen, die vor ihrer Haft wohnungs- und obdachlos gewesen waren – und danach mit größter Wahrscheinlichkeit auch wieder sein werden. Die Betroffenen berichten über eine soziale Notlage, deren Behebung längst überfällig ist. Auf Wohnungslosigkeit muss mit Wohnungsschlüsseln und nicht mit Handschellen reagiert werden. Wohnen ist ein Menschenrecht. In der Veranstaltung wollen wir über die Situation der Wohnungslosen in Haft diskutieren. Was kann getan werden? 
https://teilhabe-berlin.de/veranstaltung/weggesperrt-gefangen-wohnungslos-238

Aktionstag gegen Wohnungslosigkeit

Aktionstag gegen Wohnungslosigkeit am 11. September 2025 auf dem Rudolfplatz in Köln

 Wer sich die Dankreden auf die Amtszeit von Frau Reker anhören mag, kann feststellen, in welcher Fantasiewelt die Parteien leben, die Köln in den letzten Jahren regiert haben:

Ratssitzung 4.9.2025 online  https://www.stadt-koeln.de/artikel/71199/index.html

Die neugewählte Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte im Januar 2016 auf dem Neujahrsempfang der Deutschen Bank: „Ich möchte den Wirtschaftsstandort Köln weiter ausbauen und Köln als Medien-, Hochschul- und Messestadt auch international auf einem Spitzenplatz wissen. Es gibt keine eindrucksvollere Sozialpolitik als die Stärkung des Wirtschaftsstandortes.“
https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf-ob/reden/20160114_neujahrsempfang_deutsche_bank.pdf


Das Ergebnis dieses Verständnisses von Sozialpolitik

– die Armen sind mehr und ärmer geworden

– die Zahl der gemeinnützigen Wohnungen ist gesunken

– die Zahl der Drogentoten ist gestiegen

– Jahr für Jahr mussten die beiden kleinen Frauenhäuser 400 – 600 schutzsuchende Frauen abweisen, weil sie keine freien Zimmer hatten

 Am Aktionstag gegen Wohnungsnot auf dem Rudolfplatz waren die Obdachlosen, die Hauptamtlichen aus der Wohnungslosenhilfe und die Unterstützenden der Obdachlosen unter sich. Kein OB-Kandidat hat sich blicken lassen.

 Wir müssen einen Weg finden, dass sich die Wohnungslosen und Obdachlosen in der Stadt, die Beschäftigten der Wohnungslosenhilfe und die auf vielfältige Weise Obdachlose Unterstützenden zusammenfinden, um gemeinsam eine Kraft zu werden, die den Druck auf die Politik ausüben kann, die zu wirklichen Taten führt. Angesichts der Leerstände in der Stadt muss es ermöglicht werden allen Obdachlosen als Übergangslösung ein abschließbares Einzelzimmer anzubieten – bis es Wohnungen für alle gibt.

11. September 2025
Klaus Jünschke

Armes Köln

Michael Hock beantragte in der letzten Ratssitzung vor der Kommunalwahl für die Fraktion DIE PARTEI eine aktuelle Stunde zum Thema „Sofortmaßnahmen gegen Armut und Obdachlosigkeit im Sinne des Hillijen Löres von Rom“
https://de.wikipedia.org/wiki/Laurentius_von_Rom

1

Jede Fraktion gibt ein Teil ihres Budgets für Soforthilfen für Obdachlose

2

Jede Woche wird mindestens eine leerstehende Immobilie geöffnet

3

Wir schaffen den Laurentius-Fonds zur Hilfe für Obdachlose

4
Eine Auszeichnung für wirksame Hilfen
Im Detail: https://buergerinfo.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=1063195&type=do

Michael Hock: „Es ist ein Antrag, nicht um Mitleid zu erregen, sondern um Verantwortung zu übernehmen. Köln muss gerechter handeln. „
https://www.stadt-koeln.de/artikel/71199/index.html

Zu dieser aktuellen Stunde ist es nicht gekommen – keine andere Partei war bereit dies aktuelle Stunde zu befürworten. Die Linke enthielt ich.

Mit dem „Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung“ und „Recht auf Stadt“ hatte die Fraktion DIE PARTEI vom Donnerstag, den 4.9., 12 Uhr bis Freitag, den 5.9.2025, 12 Uhr das Protestcamp „Naach ohne Daach“ (Nacht ohne Dach) vor dem Rathaus auf dem Alter Markt organisiert. Die Obdachlosen, die in dieser Nacht in einem Zelt Schutz fanden, konnten die Zelte, die Isomatten und Schlafsäcke behalten. Gespendet von der Fraktion DIE PARTEI
9.9.2025
Klaus Jünschke