Ein Rat ohne Tat will die Wohnungsnot lösen – ohne von den Obdachlosen zu reden
Im heutigen Stadt-Anzeiger werden die Parteien gefragt „Wie besorgen sie bezahlbaren Wohnraum?“ Und es wird behauptet: wer es in den Rat schafft, bestimmt die Zukunft der Stadt maßgeblich mit.
Drei Beispiele, die das in Frage stellen.
Kartäuserwall 14
Der Express berichtete am 5.9.2015 von der Räumung und Zerstörung des Hauses am Kartäuserwall 14 unter dem Titel „Kalle kämpft für Südstadthaus“.
https://www.express.de/koeln/altbau-am-kartaeuserwall-von-aktivisten-besetzt-kalle-kaempft-fuer-suedstadt-haus-22532658
Vier Jahre später präsentiert Bernd Vielhaber die Baulücke und sieht sich zur Frage veranlasst „Wem gehört Köln eigentlich?“
https://www.koelnerstadtschreiber.de/wem-gehoert-die-stadt/
Helios-Zentrum
Thor Zimmermann hat in der Christuskirche auf das Helios-Zentrum in Ehrenfeld verwiesen wo es mit Bürgerprotesten 2010 gelungen ist, den Bau eines Einkaufzentrums zu verhindern und stattdessen eine Schule und Wohnungen durchzusetzen. Die Schule ist bald fertig und mit dem Bau der Wohnungen ist noch nicht einmal angefangen worden. Als Martin Stankowski auf den Namen des Investors bestand, rückte Thor Zimmermann damit raus: Bauwens-Adenauer. https://www.bauwens.de/%C3%BCber-uns
Indianer-Siedlung
2015 hatte der Rat der Stadt beschlossen, der Genossenschaft der Indianersiedlung ein angrenzendes Grundstück zu überlassen, damit dort 104 Sozialwohnungen gebaut werden können.
Bis heute konnte mit dem Bau nicht begonnen werden. Im selben Blatt, in dem behauptet wird, dass wer es in den Rat schafft, die Zukunft der Stadt maßgeblich mitbestimmt, wurde geschildert, dass dem nicht so ist.
https://www.ksta.de/koeln/koelner–indianersiedlung–projekt-droht-an-finanziellen-forderungen-zu-scheitern-36673458
Und Helmut Frangenberg hat das scharf kritisiert:
https://www.ksta.de/koeln/kommentar-zur-koelner-indianersiedlung-nicht-immer-nur-ans-geld-denken-36678110
Georg Seeßlen schreibt in der aktuellen jungle world unter dem Titel „Die Entleerung der Stadt“:
„Die Entrechtung der Städte, ein weiterer Aspekt der Enturbanisierung, wird von gierigen ökonomischen Instanzen und gierigen politischen Instanzen gleichermaßen betrieben.
In den ersten Phasen der Nachkriegsmodernisierung musste man fürchten, dass eine Stadt nichtmehr für Menschen, sondern für Automobile entstünde, in dieser Phase ist klar, dass eine Stadt nicht mehr für Menschen, sondern für die Immobilienwirtschaft existieren soll. Die Bewohner der Stadt teilen sich in Wertmehrer und Wertminderer. Die einen sollen kommen, die anderen gehen.“
Sein Beitrag endet mit einer Hoffnung: „Eine Welt ohne Urbanität ist genauso verloren wie eine Welt ohne Land. Das freilich nenn ich eine Utopie: Stadt und Land vereint im Kampf gegen die innere Landnahme des Kapitals.“
5.September 2020
Klaus Jünschke