Zu Emanzipation und Gleichberechtigung

Im Wahlkampf erschienen in den Kölner Tageszeitungen zweimal ganzseitig Anzeigen mit dem Titel „Frauen an die Spitze – damit Köln auf Kurs bleibt!“ Darunter die Fotos von 50 Frauen, mitten drin Frau Reker, für deren Wahlkampf diese Aktion zustande kam. Ganz unten stand „Die Kölnerinnen-Aktion zur Kommunalwahl“  Keine Inhalte, Reklame pur. Klein am Rande war vermerkt: Powered by Female Resources. Female resources Koeln.“ Das neue Kölsch.

Auf der Homepage von Female Resources wird erklärt was diese Firma will:

„FEMALE RESOURCES stärkt Ihr Unternehmen …
und zeigt Ihnen, wie Gender Management funktioniert und wie Sie die Potentiale von Frauen gewinnbringend für Ihr Unternehmen einsetzen können. Dabei setzen wir auf eine starke, unternehmensübergreifende Vernetzung und den aktiven Dialog. Unsere Leistungen reichen von der Gesamtkonzeption, Implementierung und Begleitung von Gender Management Prozessen bis hin zur Einzelförderung von Mitarbeiterinnen.
stärkt Sie als kompetente, aufstiegswillige Mitarbeiterin …
damit Ihre Karriere in Aufwärtsbewegung kommt. Wir beraten Sie individuell und bündeln unser Wissen sowie unsere Erfahrung in Seminaren, Vorträgen und Workshops.“
https://female-resources.koeln/

Wer sich mit dem Diversity Management vertraut machen will, kann sich von der Schweizer Philosophin Patricia Purtschert aufklären lassen:
https://www.woz.ch/-48f

In den USA, wo dieses betriebswirtschaftliche Führungsinstrument zur Ausnutzung der Unterschiede der Beschäftigten erfunden wurde, gibt es auch starke Kritikerinnen und Kritiker, z.B. Walter Benn Michaels.

Ich habe zur Erinnerung an den Unterschied von Emanzipation und Gleichberechtigung  einen schönen Text von Ulrike Meinof aus dem Jahr 1968 gefunden:

„Aus der Emanzipationsforderung ist der Gleichberechtigungsanspruch geworden. Emanzipation bedeutete Befreiung durch Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, Aufhebung der hierarchischen Gesellschaftsstruktur zugunsten einer demokratischen: Aufhebung der Trennung von Kapital und Arbeit durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel, Beseitigung von Herrschaft und Knechtschaft als Strukturmerkmal der Gesellschaft.

Der Gleichberechtigungsanspruch stellt die gesellschaftlichen Voraussetzungen der Ungleichheit zwischen den Menschen nicht mehr in Frage, im Gegenteil, er verlangt nur die konsequente Anwendung der Ungerechtigkeit, Gleichheit in der Ungleichheit: Die Gleichberechtigung der Arbeiterin mit dem Arbeiter, der Angestellten mit dem Angestellten, der Beamtin mit dem Beamten, der Redakteurin mit dem Redakteur, der Abgeordneten mit dem Abgeordneten, der Unternehmerin mit dem Unternehmer. Und tatsächlich beschäftigt dieser Gleichberechtigungsanspruch heute noch jeden gewerkschaftlichen Frauenkongreß und jede Unternehmerinnentagung, weil er sich erst juristisch, nicht aber praktisch durchgesetzt hat. Es scheint, als hätte eine ungerechte Welt noch Schwierigkeiten, wenigstens ihre Ungerechtigkeiten gerecht zu verteilen.“ (Ulrike Meinhof: Falsches Bewusstsein. In: Christa Rotzoll: „Emanzipation und Ehe“. München 1968, S. 33ff.)
2.Oktober 2020
Klaus Jünschke

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