Herzlichen Glückwunsch, Angela Davis


(* 26. Januar 1944 in Birmingham, Alabama)

https://de.wikipedia.org/wiki/Angela_Davis

In den vergangenen Jahren haben wir in der Bundesrepublik aus den USA viel von „Black Lives matter“ und  „Occupy Wall Street“ gehört. Ignoriert wird  die Prison Abolition-Bewegung.

1975 hatten die USA „nur“  370.000 Gefangene. Heute sind es weit über zwei Millionen. Die Weißen sind in den Gefängnissen in der Minderheit.

Angela Davis, die 1972 als „Staatsfeind Nr. 1“ selbst in Haft kam,  hat das zum Schwerpunkt ihrer Arbeit in den letzten Jahrzehnten gemacht:

Angela Davis: The Prison-Industrial-Complex AK Press, Oakland, Edinburgh, San Francisco, 1997

Angela Davis: Eine Gesellschaft ohne Gefängnisse? Der gefängnisindustrielle Komplex der USA. Schwarzerfreitag 2004

Wer in Youtube ihren Namen und/oder Prison Abolition eingibt, bekommt eine Vorstellung von dieser Auseinandersetzung gegen das Gefängnissystem.

Angela Davis im Interview mit arte mit deutschen Untertiteln (2013)
Rassismus, Gefängnis und Protest-Bewegungen (2013)https://www.youtube.com/watch?v=Tcy_vX7Smnk

Angela Davis: Slavery and the Prison Industrial Complex  2011
https://www.youtube.com/watch?v=yQ2cC7LHMxA


Angela Davis Vortrag an der Univeristät Wien am 12.10.2015
https://www.youtube.com/watch?v=XTsGpUM357I

Angela Davis über Revolution today am 20.4.2020 in Barcelona
https://www.youtube.com/watch?v=PGic6xd-BVQ

Das Netzwerk Abolutionismus in der Bundesrepublik kann man hier kennenlernen: https://strafvollzugsarchiv.de/abolitionismus

26.Januar 2022
Klaus Jünschke

Armes Köln

Die Soziologin Jutta Almendinger hatte am 1.12.2018 im Kölner Stadt-Anzeiger die Gelegenheit zur wachsenden Sozialen Ungleichheit in Köln und ihren Folgen für die Chancengleichheit in den Schulen zu sprechen: „Gerade in Köln ist in den vergangenen Jahren die soziale Segregation stark angestiegen. Und der Anteil der Kinder, die in benachteiligten Quartieren wohnen, ist relativ hoch in der Stadt. Von Chancengleichheit kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Wir brauchen eine Stadtentwicklungsplanung, die das soziale Miteinander an die erste Stelle setzt.“

Wodurch die soziale Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten verstärkt wurde, sodass heute 25% der Einwohner arm sind, hat die Kölner Autorin Claudia Pinl 2013 in ihrem Buch „Freiwillig zu Diensten? Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit“, das im Frankfurter Nomen Verlag erschienen ist, erklärt:

Mit der Abschaffung der Vermögenssteuer im Jahr 1997, aus der die Städte Anteile erhielten und der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer 1998 verloren die deutschen Kommunen verlässliche Einnahmequellen. Dadurch wurde das Sponsoring durch die Privatwirtschaft immer wichtiger. Die Unternehmen gaben werbewirksam zurück, was sie an Steuern eingespart hatten, wenn auch nur in Bruchteilen.

Unter dem Zwischentitel „Rot-Grün pflügt die Gesellschaft um“ schildert sie die Folgen der Agenda 2010: Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse durch Befristung, Leiharbeit, Arbeiten unterhalb der Versicherungspflichtgrenze und Scheinselbstständigkeit.
Im Jahr 2000 wurden die steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten für Stiftungen ausgeweitet. Die öffentliche Hand verzichtet auf erhebliche Steuereinnahmen, wird arm und ärmer, damit die Vermögenden nach eigenem Gusto entscheiden können, wie sie ihre Millionen und Milliarden einsetzen – ohne demokratische Kontrolle. Entsprechend boomt das Stiftungswesen.

Mit Wehmut blickt sie auf die Sechziger Jahre zurück, als  Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter an Fachhochschulen ausgebildet wurden: „Viele von ihnen waren durch die Studentenbewegung politisiert und arbeiteten neben ihrer professionellen „Einzelfallhilfe“  auch daran, gesellschaftliche Zustände schaffen, in denen Menschen nicht mehr auf diese Hilfen angewiesen sein würden.“ Die Sozialistische Selbsthilfe Köln und die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim stehen dafür bis heute.  

Am Ende ihres Buchs stellt sich Claudi Pinl die Frage: „Darf man die Hilfsbereitschaft kritisieren?“ Und gibt die Antwort:  „ Ja, man darf. Wenn Staat und Gesellschaft dulden, dass einige wenige sich auf Kosten vieler bereichern, dass öffentliche Infrastruktur und kulturelle Errungenschaften den Bach runtergehen, weil Multimillionäre den Hals nicht voll genug kriegen, wenn die politische Ebene sich von der Verantwortung verabschiedet, das gemeinsam Erwirtschaftete möglichst allen in der Gesellschaft zu gute kommen zu lassen. Dann muss man davor warnen, dass gutgläubige, hilfsbereite Menschen für die folgen politischer Fehlsteuerung den Ausputzer machen.“
Was ist zu tun: „Sich einsetzen für eine Politik, die den Reichtum in Deutschland umverteilt und die Almosengesellschaft verabschiedet.“

Wie lebendig die Almosengesellschaft ist und wie stark ihre Verteidiger kann heute wieder im Stadt-Anzeiger besichtigt werden. Statt sich von dem Maler Gerhard Richter erklären zu lassen, wofür er seine 500 Millionen Euro braucht, werden die Leserinnen und Leser des Blattes auf Seite 8 mit einer Bild von Richters beglückt: „Für die Leserinnen und Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat der in Köln lebende, weltberühmte Künstler nun die Erlaubnis gegeben, eine Kerze abzudrucken – zum Ansehen, vielleicht sogar zum Ausschneiden und Aufhängen, jedenfalls als kleinen Lichtblick in diesen schweren Zeiten.“  Für die heute gestartete künstlerische Solidaritätsaktion namens „Notgeld“ für Betroffene der Corona-Krise hat Richter etwa 30 Sonderdrucke seiner „Kerze“ spendiert.
https://www.ksta.de/kultur/kunst-als-trost-in-zeiten-der-krise-36574122

Flüchtlingspolitik

Stephan Lessenich hat in der taz die Flüchtlingspolitik kommentiert.
Sein Buch „Neben uns die Sintflut“ erschien 2016. Er ist Mitautor des Buchs „Todesursache Flucht. Eine unvollständige Liste“, das die über 35.000 Toten an den Grenzen der EU dokumentiert.

Er skandalisiert, dass Menschen, die sich fragen, wie der Nationalsozialismus möglich werden konnte, dass diese Menschen nicht merken, dass es heute Menschenverachtung und  eine Gleichgültigkeit wie damals gibt:

„So geht kollektives Ausblenden heute – im Grunde genommen nicht anders als damals.“

Aber seine Anklage richtet sich gegen ein „wir“, das es nicht gibt:

„Wir handeln so, als ob das alles nichts mit uns zu tun hätte: Die Toten im Mittelmeer und die Hetzjagden auf Andersaussehende, die Rückhalte­lager in Nordafrika, die Arbeitsbedingungen in Südostasien, die Umweltzerstörungen in Lateinamerika. Das Elend der Welt, die Verdammten dieser Erde – not our business. So wir nicht sogar noch Geschäfte damit machen.“

Er klagt: „Was diese Gesellschaft hingegen derzeit kollektivindividuell betreibt, ist die große Gleichgültigkeit. Unsere Gesellschaft ist indifferent gegenüber all denen, die die Zeche zahlen müssen für unsere einzigartige Wohlstandsposition.“

Was ist mit solchen Aussagen über „diese Gesellschaft“  gewonnen?

Tatsächlich sind Menschen auf dem Mittelmeer unterwegs um Menschen zu retten. In den Herkunftsländern von Flüchtlingen sind Frauen und Männer aktiv um Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen. In Deutschland haben Menschen vor den Fabriken der Rüstungsindustrie protestiert und es gibt eine Vielzahl von Initiativen, die nicht nur Flüchtlingen helfen und sich nicht nur Gedanken machen, wie die Fluchtursachen made in Germany zu überwinden sind, sondern auch handeln.

Wie können wir mehr werden? Wie kann die Solidarität mit den Flüchtlingen so stark werden, dass sie zu wirklichen Lösungen führt?

Ganz aktuell, wie kann die Verteidigung der Demokratischen Förderation Nordsyrien, wie kann Rojava unterstützt werden?https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5557479&s=Lessenich/

24.12.2018
Klaus Jünschke

„Die Gesundheitsbranche i