Harte Männlichkeit

„Tötungsdelikte oder Jugendgewalt weisen eine geschlechtsspezifische Qualität auf. Ende der 80er waren Gewaltstudien noch geschlechtsblind. Oft ist die Täter- und Opferseite von Männern überrepräsentiert. Doch wo liegt der Zusammenhang zwischen Geschlecht, Kriminalität und anderen Kategorien der Sozialstruktur?“

https://www.studocu.com/de/document/johann-wolfgang-goethe-universitaet-frankfurt-am-main/lehramt-l1-l5-examen-soziologie/zusammenfassungen/zusammenfassung-joachim-kersten/293058/view

„Die Welt der Hooligans, der Polizisten und andere, hier nicht näher vorgestellte Männerwelten – das Militär (vgl. Klein 2000, 2001), die Politik (vgl. Kreisky 1995, 2000), die Wirtschaft (Lange 1998), Teilbereiche des Sports (Klein 1990) – haben bei allen Unterschieden eines gemeinsam: Es sind kompetitiv strukturierte soziale Orte, in denen zum einen der – heute allerdings nicht mehr bruchlos gelingende – Ausschluss von Frauen praktiziert wird, in denen zum anderen Hierarchien von Männlichkeit hergestellt werden.“

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„Ein differenzierterer Blick auf die Beziehung zwischen Gewalt und Männlichkeit macht auch Kritik möglich an den gesellschaftliche Antworten auf die Konflikte junger Männer und deren anhaltenden Rückgriff auf Stereotype von Männlichkeit und Geschlechterdifferenz. So gibt es beispielsweise Anti-Aggressionstrainings, in denen gewaltbereite Adoleszente zu „Friedenskriegern“ trainiert werden sollen. Solche Ansätze entschärfen lediglich die kulturellen Leitbilder von Männlichkeit, bleiben ihnen in ihren Kernaussagen aber treu. Noch weniger wird das männlich konnotierte Ideal der Selbstkontrolle hinterfragt – ein Autonomieideal, das auf den vernünftigen Mann zielt, der alle Konflikte cool denkend löst und letztlich mit sich selbst abzumachen hat. Die latenten Konflikte junger Männer werden so höchstens übertüncht und ihre Identifikation mit harter Männlichkeit wird nicht hinterfragt. Eine Reaktion auf ihre Autonomiekonflikte würde voraussetzen, den biographischen Sinn ihres Handelns zu verstehen und dabei die Frage nach der Bedeutung von Gewalt und nach ihren Männlichkeitsentwürfen konsequent offen zu halten.“

https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/hier-drin-ists-so-wie-draussen

15. 09.2019
Klaus Jünschke

Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit?

Unter dem Titel „Soziale Gerechtigkeit in Köln. Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer“ beklagte Helmut Frangenberg am 28.12.2018, dass „die Bekämpfung von sozialer Ungerechtigkeit überhaupt kein kommunalpolitisches Thema“ ist.
https://www.ksta.de/…/soziale-gerechtigkeit-in-koeln-die-sc…

Zwar wurde Frau Reker vom KStA am 7./8.9.2019 auf S. 30 mit diesem Eigenlob zitiert: „Von Integration und Gerechtigkeitsfragen gegenüber allen Menschen verstehe ich mehr als andere.“

Tatsächlich wird die Zukunftsplanung in der Stadt vom Spitzen-, Exklusivitäts-, Excellence- und Leadership-Gefasel bestimmt. Wie in Deutschland überhaupt wird auch in Köln die Idee der Gleichheit allenfalls von Teilen der marginalisierten Linken vertreten. Kaum vernehmbar. Wem es am dreckigsten geht, steht meist allein da. Die fehlende Auseinandersetzung mit der Gewalt gegen Frauen und Kinder in den eigenen vier Wänden, wird vom Dauerbrenner „Eberplatz“ verdeckt. Die Zahl der Drogentoten ist 2018 in Köln auf 71 gestiegen, die Gefangenen in Ossendorf haben keine politische Lobby in der Stadt, und auch die Obdachlosen müssen sehen wo sie bleiben.
1.10.2019
Klaus Jünschke

JVA Köln

In ganz Nordrhein-Westfalen fehlen in den Gefängnissen über 400 Beamte. Wegen dieser Personalnot werden dem Klingelpütz in Ossendorf mal wieder größere Berichte in der Lokalpresse gewidmet.

Wir erfahren: „Gerade drogenabhängige U-Häftlinge oder solche mit psychischen Störungen oder Krankheiten seien besonders gefährdet. Alle 15 Minuten wird kontrolliert, Tag und Nacht.“

Wir erfahren nicht, warum diese Kranken überhaupt im Gefängnis sind. Immerhin gab es Ende der 90er Jahre mit Jörn Foegen einen Gefängnischef, der laut gefragt hat: „Bin ich Klinikdirektor oder bin ich Knastdirektor?“ Und er hat diese Frage mit der Forderung verbunden, die Süchtigen als Kranke wahrzunehmen und in Kliniken zu behandeln. Mit einer an Leidverminderung orientierten Drogenpolitik könnten ein Drittel aller Zellen dicht gemacht werden, so Foegen. Dann bräuchte der Knast auch weniger Personal. Aber das kommt in den Lokalzeitungen nicht vor. So wenig wie die 2018 registrierten 71 Drogentoten in Köln.

Wir erfahren: „Insgesamt sitzen in Ossendorf derzeit rund 700 Männer und 300 Frauen Freiheitsstrafen ab.“

Wir erfahren nicht, dass die meisten der 1000 Gefangenen Untersuchungsgefangene sind und eben nicht Strafgefangene. Untersuchungsgefangene sind manchmal nur ein paar Tage oder Wochen in Haft. Dadurch kommt es zu einer Fluktuation von bis zu 7.000 Gefangenen im Jahr. Wie unter solchen Bedingungen „Resozialisierung“ stattfindet, wird in den Lokalzeitungen kaum gefragt. Gefangene kommen nur selten zu Wort.

Durch die Überlegungen für Schwarzfahren keine Gefängnisstrafe mehr zu verhängen, wurde immerhin daran erinnert, dass viele Gefangene sogenannte Ersatzfreiheitsstrafen absitzen – weil sie Geldstrafen nicht bezahlen können. Da ein Hafttag 135 Euro kostet, sind die Haftkosten regelmäßig höher, als die Geldsumme, die nicht aufgebracht werden konnte.

Die JVA Köln liegt im Stadtbezirk Ehrenfeld. Im Bewußtsein der Stadtbevölkerung wird das Gefängnis und seine Insassen aber nicht als Teil der Stadt wahrgenommen. Eine Folge von politischem Versagen und Versagen der Medien. Als der Neubau beschlossen wurde, gab es dazu keine Diskussion in der Stadt. Dabei wird in der Kriminologie seit Jahrzehnten gefordert keine Gefängnisse mit mehr als 300 Haftplätzen zu bauen. Aus „fiskalischen Gründen“ wird es wieder ein Riesenknast mit über 1.000 Plätzen. Vorhersehbar werden die Menschen, die darin „Resozialisierung“ betreiben sollen, wieder vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Wer will sich das antun?

Durch „fridays for future“ ist öffentlich geworden, wie wenig auf die Wissenschaftler gehört wird, die vor einer Klimakatastrophe warnen. Dasselbe gilt für die Kriminologen und Sozialwissenschaftler, die von den Justizministern ignoriert werden. Eine Hoffnung sind die zunehmenden außerparlamentarischen Stimmen, die für eine an Leidverminderung orientierte Drogenpolitik und die Abschaffung der Zellengefängnisse stehen.

https://www.rundschau-online.de/region/koeln/arbeitsplaetze-hinter-gittern-jva-ossendorf-braucht-personal—vielfaeltige-aufgaben-33212428

25.9.2019
Klaus Jünschke

Kapitalismus muss weg

Gerhard Schröder (SPD) in seiner Regierungserklärung am 14.3.2003: „Niemanden aber wird künftig gestattet sein, sich zulasten der Gemeinschaft zurückzulehnen. Wer zumutbare Arbeit ablehnt – wir werden die Zumutbarkeitskriterien verändern – der wird mit Sanktionen rechnen müssen.“

Begeisterung bei der FDP: „Die Treffsicherheit des Sozialstaats muss größer werden… ..Es gibt kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit.“ (Guido Westerwelle am 14.3.2003 im Bundestag) (Der soziale Staat S. 263)

Die durch die Agenda 2010 „neu gewonnene, rechtlich garantierte Freiheit in der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse eröffnet Unternehmern aller Art bisher ungeahnte Möglichkeiten der Ausbeutung.“

„Zehn Jahre später lautet die Bilanz der Agenda: Deutschland hat den angestrebten Konkurrenzerfolg in Europa und auf dem Weltmarkt erreicht. Deutschland ist bis 2009 und ab 2012 wieder Exportweltmeister, die führende Ökonomie der EU, die alle anderen europäischen Länder niederkonkurriert und das Land, das vergleichsweise gut durch die seit 2008 manifeste Finanzkrise kommt. Die finanziellen Schäden für die lohnabhängige Bevölkerung sind beträchtlich. Gerhard Schröder lobt sich (im Januar 2005, K.J.) beim Weltwirtschaftsforum in Davos dafür ‚den größten Niedriglohnsektor Europas‘ herbeigeführt zu haben.“ (Der soziale Staat, S.265)

Ohne wirksame Konsequenzen wird seither das Auseinandergehen der Schere zwischen arm und reich beklagt:

„Im Jahr 2013 kamen die 10 Prozent Bestverdiener auf 40 Prozent des Gesamteinkommens, die untere Hälfte der Bevölkerung dagegen nur auf 17 Prozent – das ist das gleiche Gefälle wie im Jahr 1913, wie aus einer Untersuchung von Forschern um den französischen Ökonomen Thomas Piketty hervorgeht.“
https://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/afxline/topthemen/article171574131/Einkommens-Ungleichheit-in-Deutschland-so-gross-wie-1913.html

Die finanziellen Schäden für die lohnabhängige Bevölkerung sind mit den immer schlechter werdenden Wahlergebnissen inzwischen auch in der SPD angekommen. Thomas Kutschaty, der SPD-Fraktionschef in NRW. ist für eine Abkehr vom Hartz-IV-System. Angesichts von 2,6 Millionen Aufstockern fordert er eine Erhöhung der Mindestlöhne. „Dass die Steuerzahler die Einkommen von Geringverdienern aufstocken müssen, obwohl viele von ihnen Vollzeit arbeiten, ist ohnehin ein sozialpolitischer Skandal.“ (Kölner Stadt-Anzeiger, 27.12.2018, S.8)

Gegen diese Rückbesinnung in der SPD gibt es Widerstände in der eigenen Partei, von der FDP und der CDU/CSU und natürlich aus der Wirtschaft.  Ohne die Überwindung dieser Widerstände kann es für die Lohnabhängigen nur schlimmer werden:

„Der Sozialstaat muss dem Deutschen Städte- und Gemeindebund zufolge tiefgreifend reformiert werden. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, in Deutschland habe sich „eine Form der Vollkaskomentalität ausgebildet, wonach der Staat alles und überall leisten kann und für jedes individuelle Problem eine Lösung bereithalten muss“. Das könne auf Dauer nicht funktionieren.“
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/staedtebund-geschaeftsfuehrer-kritisiert-vollkasko-mentalitaet-der-deutschen-a-1245372.html

Was am Anfang der Agenda 2010 zu hören war, die Denunziation von Arbeitslosen in Politik und Bild-Zeitung, findet in der Behauptung einer „Vollkaskomentalität“ eine Fortsetzung, mit der verhindert werden soll, dass die Ursachen der vielen sozialen Notlagen in der vielgelobten Marktwirtschaft öffentlich zur Sprache kommen.

Es rettet uns kein höheres Wesen, kein Kaiser, Gott und auch kein sozialer Staat. (Der soziale Staat, S. 285)

27.12.2018
Klaus Jünschke

Flüchtlingspolitik

Stephan Lessenich hat in der taz die Flüchtlingspolitik kommentiert.
Sein Buch „Neben uns die Sintflut“ erschien 2016. Er ist Mitautor des Buchs „Todesursache Flucht. Eine unvollständige Liste“, das die über 35.000 Toten an den Grenzen der EU dokumentiert.

Er skandalisiert, dass Menschen, die sich fragen, wie der Nationalsozialismus möglich werden konnte, dass diese Menschen nicht merken, dass es heute Menschenverachtung und  eine Gleichgültigkeit wie damals gibt:

„So geht kollektives Ausblenden heute – im Grunde genommen nicht anders als damals.“

Aber seine Anklage richtet sich gegen ein „wir“, das es nicht gibt:

„Wir handeln so, als ob das alles nichts mit uns zu tun hätte: Die Toten im Mittelmeer und die Hetzjagden auf Andersaussehende, die Rückhalte­lager in Nordafrika, die Arbeitsbedingungen in Südostasien, die Umweltzerstörungen in Lateinamerika. Das Elend der Welt, die Verdammten dieser Erde – not our business. So wir nicht sogar noch Geschäfte damit machen.“

Er klagt: „Was diese Gesellschaft hingegen derzeit kollektivindividuell betreibt, ist die große Gleichgültigkeit. Unsere Gesellschaft ist indifferent gegenüber all denen, die die Zeche zahlen müssen für unsere einzigartige Wohlstandsposition.“

Was ist mit solchen Aussagen über „diese Gesellschaft“  gewonnen?

Tatsächlich sind Menschen auf dem Mittelmeer unterwegs um Menschen zu retten. In den Herkunftsländern von Flüchtlingen sind Frauen und Männer aktiv um Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen. In Deutschland haben Menschen vor den Fabriken der Rüstungsindustrie protestiert und es gibt eine Vielzahl von Initiativen, die nicht nur Flüchtlingen helfen und sich nicht nur Gedanken machen, wie die Fluchtursachen made in Germany zu überwinden sind, sondern auch handeln.

Wie können wir mehr werden? Wie kann die Solidarität mit den Flüchtlingen so stark werden, dass sie zu wirklichen Lösungen führt?

Ganz aktuell, wie kann die Verteidigung der Demokratischen Förderation Nordsyrien, wie kann Rojava unterstützt werden?https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5557479&s=Lessenich/

24.12.2018
Klaus Jünschke

„Die Gesundheitsbranche i